: Denkzettel für Frankfurts OB Hauff
■ In der Main-Metropole kassierte die SPD ihr schlechtestes Wahlergebnis seit 1946
Die Frankfurter WählerInnen machen es ihren jeweiligen Stadtregierungen nicht leicht. Die Stimmen der MetropoleneinwohnerInnen sind wechselhaft. 1987 wählten sie den glücklosen Wallmann-Nachfolger Brück (CDU) ab. Dies wurde seinerzeit als eine Entscheidung gegen die CDU — die vor allem den Mittelstand verärgert hatte —, nicht aber als Votum für SPD und Grüne gewertet. Die Mehrheiten im Frankfurter Rathaus sind nach wie vor fragil, die Roten und die Grünen sitzen in ihrer mühsamen, in harten Verhandlungsrunden erstrittenen Gemeinsamkeit nach wie vor auf dem Schleudersitz. Entschiede die Landtagswahl auch über ihr Schicksal, wären sie, ganz im Gegensatz zum knappen Landestrend, derzeit nicht mehrheitsfähig. Dabei hielten sich die Grünen, verglichen mit der letzten Landtagswahl 1987 und der Kommunalwahl 1989, relativ stabil. Joschka Fischer, der im Stadtteil Bornheim kandidierte, konnte sogar 20 Prozent der Stimmen nach Hause bringen. Insgesamt stimmten bei einer Wahlbeteiligung von mageren 66,3 Prozent 42,7 Prozent für CDU, 33,7 Prozent für SPD, 13,5 Prozent für Grüne und 6,7 Prozent für die FDP.
Oberbürgermeister Volker Hauff wirkte am Wahlabend nicht gerade euphorisch. Zusammen mit dem wie immer braungebrannten Rechtsdezernenten Andreas von Schoeler stellte er sich beim volkstümlichen Buffet vor dem Magistratssaal den Fragen der Journalisten. Ein Lächeln gestattete er sich erst, als sich die Hochrechnungen stabilisierten. Die Verliererin dieser Wahl sei in Frankfurt die SPD, die um fast ein Prozent absackte. Das stellte Hauff zu diesem in der Main-Metropole seit 1946 schlechtesten Ergebnis der Sozialdemokraten illusionslos fest: „Das ist ein schmerzliches Ergebnis!“ Die Gewinner der Wahl seien, so Hauff, die Republikaner. Sie hatten 2,1 Prozent der Stimmen, vor allem in den Vororten der Stadt, bekommen.
Leicht hatte es der schwäbische Sozialdemokrat Hauff allerdings in Frankfurt von Anfang an nicht gehabt. Die neue Schlappe ist hausgemacht; immer wieder hatten ihm die eigenen Genossen Steine in den Weg gelegt, um die eigene Hausmacht zu festigen, andererseits warfen sie ihm ständig vor, entweder einsame oder gar keine Entscheidungen zu treffen. Bei der umstrittenen Verlegung des Schlachthofes und bei einigen Wohnungsbauprojekten ging außerdem die eigene Basis in den Stadtteilen auf die Barrikaden. Streit gab es auch um die Einsetzung der Kulturdezernentin Linda Reisch, um die CDU-Erbschaft einiger Hochhausprojekte und um den Rückbau der Bundesgartenschau. Die vor der Wahl versprochene Verkehrsberuhigung in der Innenstadt ist noch immer Gegenstand anhaltender Querelen zwischen Rot und Grün; inzwischen erstickt die Stadt mehr denn je in der Autoflut.
Beifall erhielt Hauff für eher leicht zu handhabende Entscheidungen. Die ungeliebte Olympiade diente er während der deutschen Vereinigung blitzschnell den Berlinern an. Hauptstadtambitionen, die Ministerpräsident Wallmann in die Debatte geworfen hatte, wies er umgehend zurück. Berlin, meinte er, könne gern Hauptstadt werden, das Geld bleibe ohnehin in Frankfurt.
„Niemand besitzt die Stimme auch nur eines einzigen Wählers“, kommentierte der Frankfurter ehrenamtliche Stadtrat Daniel Cohn- Bendit (Die Grünen) am späten Sonntag abend das Verhalten der FrankfurterInnen: „Um jede einzelne Stimme muß immer wieder neu gekämpft werden.“
Und die grüne Basis in Frankfurt hat gekämpft. Sie überschwemmte die Stadt mit Veranstaltungen zu Sachthemen von Wohnen über Verkehrspolitik bis zu sozialen Problemen aller Facetten. Iris Blaul, für die Frankfurter Grünen zusammen mit Joschka Fischer und Rupert von Plottnitz nun wieder im Landtag, hatte in den letzten Wochen vor der Wahl geseufzt: „Wir tingeln nur noch. Manchmal haben wir vier Wahlveranstaltungen am Tag.“ Offenbar hat sich das jetzt ausgezahlt. Heide Platen, Frankfurt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen