piwik no script img

Irak-Connection Wien-Hamburg?

■ Die Zentrale einer Firmengruppe, der Wiener Ermittler Waffenhandel und Geheimdienstaktivitäten für den Irak vorwerfen, hat ihren Sitz in Hamburg

Auch in Österreich ermitteln die Behörden gegen acht Firmen wegen des Verdachts, das vom UNO-Sicherheitsrat beschlossene Embargo gegen den Irak unterlaufen zu haben. „Ich habe Weisung gegeben, die aus dem In- und Ausland gemeldeten Verdachtsmomente unverzüglich an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten“, mit dieser Aussage wird Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel am Dienstag von der Wiener Tageszeitung 'Standard‘ zitiert. Details oder Firmennamen wollte Minister Schüssel jedoch nicht bekanntgeben. Der 'Standard‘ nennt allerdings als eine der Firmen, gegen die jetzt wegen illegaler Irak-Lieferungen ermittelt werde, die Wiener Partnerfirma des Hamburger Unternehmens Stalco Industrieanlagen GmbH.

Auf die Spur der Stalco, die bei westlichen Sicherheitsbehörden als vermutliche Tarnfirma des irakischen Geheimdienstes geführt wird, stieß die Wiener Polizei durch einen Zufall. Am 15. Juli 1990 wurde der irakische Geschäftsmann Dhia Aziz Ghanni im Wiener Hilton Hotel von seinem Landsmann und langjährigen Geschäftspartner Hammed Abdulgani Hassan erstochen. Der Mord wurde von der Kripo zunächst als private Abrechnung unter Arabern betrachtet. Doch bald stießen die Ermittler, so heißt es in einem der taz vorliegenden Polizei-Rapport vom Herbst 1990, auf einen „Zusammenhang mit einer nachrichtendienstlichen Tätigkeit für den Irak“. Das Mordopfer Ghanni war beteiligt an den Firmen Stalco und Albarakah, die Filialen in aller Welt, unter anderem in Kanada, England, Holland, Kuwait und Österreich betreiben. Die Zentrale der Firmengruppe residiert jedoch im Mittelweg 141 in Hamburg. Gemäß den Handelsregistereinträgen bewegen sich die Geschäfte der Stalco-Gruppe in den Bereichen Maschinenbau, Elektronik, technische Chemie und Physik sowie Industrieanlagen. Recherchen über die tatsächlichen Eigentümer des Firmen-Konglomerates endeten kürzlich vor dem Briefkastenschlitz einer Scheinfirma in Liechtenstein. In Wien teilte sich die Stalco Telefon und Adresse mit der Firma „AHA — turn key projects“, die wiederum zwei Filialen in der BRD besitzt.

Bei der Abklärung des Umfeldes dieses Firmengeflechtes stieß die Wiener Kripo auf Personen, die die Kollegen von der Staatspolizei aufgrund früherer Observierung prompt dem irakischen Geheimdienst zuordnen. Außerdem wurden Geschäftsverbindungen zu österreichischen Firmen festgestellt, etwa zur Maschinenfabrik Andritz oder zur Patronenfabrik Hirtenberger, die an Rüstungsprojekten im Irak beteiligt sein sollen. Auch direkte Kontakte der Stalco-Leute zu Waffenhändlern scheinen mittlerweile nachweisbar. Über einen Kontaktmann der Stalco teilte der österreichische Nachrichtendienst den Kollegen von der Kripo kurz und bündig mit: „Laut Quelleninformation handelt es sich bei (Name) um einen Mittelsmann für Waffenlieferungen in den Irak.“ Wie ein Sprecher der Hamburger Zollbehörden bestätigte, ist die Firma Stalco dort „nicht unbekannt“; Hinweise auf mögliche Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz oder das Kriegswaffenkontrollgesetz würden überprüft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen