piwik no script img

Burn, Trabi, burn...

■ Polizei besorgt über hohe Zahl von Autobränden im Ostteil der Stadt/ Halter sind oft nur schwer zu ermitteln/ Oft steckt hinter abgefackelten Autos ostdeutscher Bauart ein Versicherungsbetrug

Berlin. Mit einer besonders unangenehmen Art der Sondermüllentsorgung plagt sich derzeit die Kripo im Ostteils Berlins. Ihren Angaben zufolge habe sie derzeit mit einer »unheimlichen« Zahl von Autobränden zu tun. Klar scheint, daß bei diesen Bränden meistens Vorsatz eine Rolle spiele. Seit Jahresbeginn registrierte die Polizei bereits 15 Kraftfahrzeugbrände (im Westteil: 6). Von Anfang Oktober, dem Datum der Übernahme der Polizeihoheit für ganz Berlin, bis zum Jahresende 1990 hatte man im Osten bereits 68 Kfz- Brände verbucht (West-Berlin: 20). Ein Vergleich dieser Zahlen aus den beiden Stadthälften ergibt unter dem Strich, daß sich 76 Prozent der Kfz- Brände in Ost-Berlin abspielten. Wie es heißt, wurden dort fast ausschließlich Trabis, Wartburgs und Moskwitschs ein Opfer der Flammen. Hinzu kämen noch einige Kräder, ebenfalls aus Ostproduktion.

Oftmals kann die Polizei nicht mehr ermitteln, ob hinter den Bränden ein versuchter Versicherungsbetrug steckt oder Besitzer eines funkelnagelneuen Westwagens nur billig ihre alte Ostkarre entsorgen wollten. Erhebliche Schwierigkeiten bekommen die Beamten bereits bei der Feststellung des letzten Halters. Wenn an den ausgebrannten Blechgerippen noch identifizierbare Zeichen prangen, würden die Halter zunächst angeschrieben, berichtet Kriminalhauptkommissar Werner Breitfeld von der zuständigen Brandinspektion. In der Regel gäben die Angeschriebenen dann aber zu Protokoll, sie hätten ihren Wagen schon vor langer, langer Zeit verkauft. Breitfeld: »Wir haben schon neun Käufer zurückverfolgt und den Halter immer noch nicht gekriegt.« Diese Kalamitäten rühren daher, daß das Ostberliner Kraftverkehrsamt in der Vergangenheit die Halterdateien nur »äußerst schlampig« geführt habe. Bekannt ist ferner, daß in der Ex-DDR Autokäufer der staatlichen Bürokratie gern ein Schnippchen schlugen und ihre neuen fahrbaren Untersätze nie ummeldeten.

Breitfeld zufolge hatten etliche der abgefackelten Autos Unfallschäden. Offenbar seien die Gefährte angezündet worden, um gegenüber der Polizei und den Versicherungen die Karambolagen zu verdecken. Der Kripomann: »Wir hatten auch Autobrände, da wurde als Ursache ein Kabelbrand behauptet. Dann fuhren wir raus und merkten, daß in den Wagen die Batterie fehlte.«

Sofern Kripo und Ordnungsbehörden im dunkeln tappen, ist es für OstberlinerInnen allemal lukrativ, ihre Altgefährte abzufackeln. Weil zum Beispiel Trabis bekanntermaßen zum großen Teil aus unverwertbarer Plaste und Elaste bestehen, verlangten Schrotthändler für deren Entsorgung schlappe 150 Mark. Wird den Versicherungen der Totalverlust eines der alten Stinker gemeldet, erstatten die unter Umständen zusätzlich noch einen Zeitwert von 400 bis 700 Mark. thok

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen