Embargo-Brecher mit Weltruhm

Irak schießt mit Waffen aus Südafrika/ Seit Verhängung des Irak-Embargos vermeldet Pretoria Rekordüberschüsse im Rüstungsexport/ „Wir sind Experten im Kampf unter Wüstenbedingungen“  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

„Hat Südafrika Waffen an den Irak geliefert?“ wurde Pik Botha Mitte Januar Woche in einer Talkshow im südafrikanischen Fernsehen gefragt. Der sonst meist gutgelaunte Außenminister reagierte gereizt, drehte seinen Charme ab. Südafrika unterstütze die alliierten Kräfte unter Leitung der USA vorbehaltlos, schnauzte er. Er protestiere gegen jeden Versuch, etwas Gegenteiliges zu unterstellen. Die erschreckte Moderatorin ließ sich überrumpeln. „Vielen Dank, Herr Minister, für das Gespräch“, schloß sie kleinlaut ab — und Botha hatte die Frage nicht beantwortet.

„Ja,“ hätte die Antwort lauten müssen. Iraks Präsident Saddam Hussein hat in den letzten Jahren sein Arsenal mit südafrikanischen Produkten aufgestockt. Eingekauft hat der Irak neben Panzerminen, Radiogeräten und Luft/Luft-Raketen vor allem etwa 200 schwere 155mm-Kaliber-Haubitzen vom Typ G5. Die G5 und deren motorisierte Version G6 sind der Exportschlager des staatlichen südafrikanischen Rüstungskonzerns Armscor. Sie gelten als die besten Artilleriegeschütze ihrer Art weltweit, mit einer Reichweite von 40 Kilometern. Schon in den ersten Kriegstagen landeten einige derartige Artilleriegeschosse in amerikanischen Militärlagern in Saudi Arabien. „Die G5 ist das einzige Geschütz der Welt, das zu einem Angriff über eine solche Entfernung fähig ist,“ meinte die Johannesburger Tageszeitung 'The Star‘.

Seit August verzeichnet Südafrika Handelsüberschüsse in Milliardenhöhe. Dabei fällt vor allem der Zuwachs bei sogenannten „nicht klassifizierten Exportgütern“ — Waffen und Edelmetalle — auf. Insgesamt haben Waffenexporte erheblich dazu beigetragen, daß Südafrika 1990 einen Handelsüberschuß von 16,4 Milliarden Rand (etwa 9,8 Mrd. Mark) erzielen konnte.

Südafrika hat sich am 23. August dem von der UNO gegen Irak verhängten Waffenembargo angeschlossen. Aber Abdul Minty, Leiter der „World Campaign against Military and Nuclear Cooperation with South Africa“ in Oslo glaubt, daß die Südafrikaner auch nach diesem Datum noch Kontakte mit Irak hatte. Immerhin sei das Waffenembargo erst im November in Südafrika formal verhängt worden. „In Rüstungskreisen heißt es, daß Südafrika sich Zeit gelassen hat, weil Irak Armscor ein Vermögen für die G5-Geschäfte geschuldet hat“, meint Minty. „Südafrika wollte erst sein Geld kassieren, bevor es die Beziehungen zum Irak abbrach.“ Ein Sprecher des südafrikanischen Außenministeriums meint allerdings, daß das Waffenembargo seit dem 23. August verbindlich gewesen sei. „Wenn es erst ein paar Monate später im Staatsanzeiger formalisiert wurde, war das wahrscheinlich nur noch eine zusätzliche Bestätigung.“

Irak ist nicht der einzige südafrikanische Kunde im Nahen Osten. Im Laufe des Iran/Irak-Krieges lieferte Südfrika an beide Kontrahenten. Südafrikanische Rüstungsgüter werden in Saudi Arabien auf den Einsatz vorbereitet und die Vereinigten Arabischen Emirate sollen der Zeitschrift 'Jane's Defence Wekkly‘ zufolge 50 G6-Kanonen und einen südafrikanischen Kampfhubschrauber bestellt haben. Auch in Marokko und wahrscheinlich im Nato-Land Türkei gehören südafrikanische Waffen zum Arsenal. Neben den Haubitzen sind dabei auch südafrikanische Panzerfahrzeuge beliebt.

„Wir sind Experten im Kampf unter trockenen, heißen, staubigen Bedingungen“, meint ein südafrikanischer Militärexperte. In Namibia und dem Süden Angolas kämpften südafrikanische Einheiten in der Namib-Wüste, in Südafrika selbst bietet die Kalahari-Wüste ein ideales Testgelände.