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3+1 = Nordostdeutscher Rundfunk

■ SFB-Intendant Lojewski stellt Plan für Mehrländer-Anstalt vor/ Indirekte Kritik an Mühlfenzl

Berlin. »3 plus 1« heißt das neue Rundfunkkonzept »für Nordostdeutschland«, das SFB-Intendant von Lojewski gestern der Öffentlichkeit vorstellte. Es soll den Rundfunk von Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen- Anhalt zu einer Mehrländeranstalt der ARD zusammenfassen. Würden die Ministerpräsidenten der Länder im Frühjahr der neuen Anstalt zustimmen, bedeute dies beim TV den Ausstieg des SFB aus dem dritten TV-Programm der sogenannten Nordschiene (NDR, Radio Bremen, SFB). Wie der SFB-Intendant bekanntgab, sollten in den vier Ländern unabhängige »Landesfunkhäuser« entstehen, von denen keines die anderen »dominieren dürfe«.

Gleichzeitig übte Lojewski heftige Kritik an den ehemaligen DDR- Rundfunkeinrichtungen — und damit indirekt auch an deren Leiter, dem Rundfunkbeauftragten Rudolf Mühlfenzl (CSU). Das Fernsehen in Adlershof und der Hörfunk in der Nalepastraße strebten momentan eine »Stabilisierung« an, die gegen den Artikel 36 des Einigungsvertrags verstoße. Der Artikel sieht die »Weiterführung«, die »Auflösung« beziehungsweise »Überführung« des ehemals staatlich-zentralistischen DDR-Rundfunks in ein föderales System bis zum 31. Dezember 1991 vor. Lojewski kritisierte den angeblich sehr hohen Etat des DDR-Rundfunks von »einer Milliarde« und warf den Fernsehleuten zu teure Investitionen beim Filmeinkauf und beim Bau eines Fernsehproduktionszentrums vor. Außerdem führe der Ex- DDR-Rundfunk keine Rundfunkgebühren an ZDF und SFB ab.

Vertreter des DFF, des Berliner Rundfunks, und auch der Sprecher des Rundfunbeauftragten, Gehler, wiesen die Anwürfe Lojewskis zurück. Die vom SFB-Intendanten vorgebrachten Indizien seien »in diesem Fall wirklich Polemik« und entbehrten der Grundlage, meinte Gehler. »Ich kann mir nur vorstellen, daß Lojewskis eigene Sorgen der Grund sind. Das ist kein schöner Umgang«. Von zu teuren Filmeinkäufen und einem zu hohen Etat könne keine Rede sein: »Wir hätten lieber mehr Geld für soziale Investionen.« Auch die Gebührenfrage sehe Lojewski »zu überspitzt«, schließlich müsse ja bis Ende des Jahres »überführt werden«, das sei »eine besondere Situation«. Auch der Intendant des Berliner Rundfunks Mayer meinte: »Der Vorwurf trifft uns nicht«. DFF-Politik- Chef Kriebner erinnerte an die »Informationspflicht« des DFF.

Die angestrebte »3 plus 1«-Anstalt, so SFB-Intendant Lojewski gestern, wäre mit einem Gebühreneinkommen von über 500 Millionen Mark wirtschaftlich tragfähig und könnte nach bislang geltenden Regelungen einen Anteil von etwa 14 Prozent am Gemeinschaftsprogramm der ARD beanspruchen. Sie solle ein gemeinsames drittes Fernsehprogramm und drei gemeinsame Hörfunkprogramme ausstrahlen. Jedes der vier Funkhäuser solle ein eigenes Fernseh-Vorabendprogramm und ein »landsmannschaftlich« orientiertes Hörfunkprogramm »mit eigener Identität« produzieren.

In den nächsten Wochen werden die Weichen für die Neuordnung des Rundfunks gestellt. Im Februar treffen sich die Ministerpräsidenten der FNL in Dresden, Ende Februar wird sich die Ministerpräsidentenkonferenz ausschließlich mit dem Thema befassen. In diesen Tagen konferiert der regierende Diepgen mit den Ministerpräsidenten Brandenburgs, Mecklenburg-Vorpommerns und Sachsen-Anhalts. Mecklenburg hatte bislang den Beitritt zum NDR favorisiert. kotte/dpa

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