: „Die Welt wird unseren Heldenmut bewundern“
■ Saddam Hussein gewährte dem CNN-Reporter Peter Arnett ein neunzigminütiges Interview
Peter Arnett, der zu weltweiter Berühmtheit gekommene Fernsehreporter des US-Nachrichtenkanals CNN, war selbst überrascht, als er am Montag von einem irakischen Chauffeur in Bagdads Al-Rashid-Hotel abgeholt wurde. Anderthalb Stunden habe dieser ihn anschließend scheinbar ziellos durch Bagdads Vororte gefahren, bevor er ihn zu einem gewöhnlichen einstöckigen Haus brachte. Dort habe er drei Fernsehkameras, zwei bequeme Stühle und, nach einigem Warten, den irakischen Staatschef Saddam Hussein vorgefunden, „gekleidet in einen untadeligen blauen Anzug und mit einer hübschen Krawatte“, so Arnett.
Anderthalb Stunden später, nach einem Interview, bei dem Arnett nach eigenem Bekunden zum Teil „das Frösteln“ kam, habe er für sich den Schluß ziehen können, Saddam Hussein habe deutlich machen wollen, daß er bisher das Kräftegleichgewicht mit konventionellen Waffen aufrechterhalten konnte. Aber, so Arnett, „er wollte den Eindruck vermitteln, daß er genötigt sein könnte, die ihm zur Verfügung stehenden nichtkonventionellen Waffen einzusetzen, wenn die Verluste zu hoch würden“.
In dem Gespräch habe Saddam Hussein bestätigt, daß die ihm zur Verfügung stehenden Scud- Raketen auch mit atomaren, chemischen oder biologischen Sprengköpfen bestückt werden könnten.
Über das Interview, um das CNN nicht ersucht hatte, konnte Arnett zunächst nur einen vorab zensierten telefonischen Bericht nach Atlanta, der Zentrale des Fernsehkanals, abliefern. Das vollständige Gespräch sollte am Dienstag freigegeben werden. „Ich fragte ihn, welche Art von Botschaft er mit dem Interview zu übermitteln hoffe“, sagte Arnett. Seine Antwort habe gelautet: „Ich wünsche den Amerikanern alles Gute und bete, daß keiner ihrer Söhne sterben wird. Die irakischen Menschen sind den edlen Seelen dankbar, die zur Zeit in Amerika, Frankreich, Deutschland, Spanien und all den anderen Ländern gegen den Krieg demonstrieren.“
Der irakische Staatschef zeigte sich offenbar absolut siegessicher. Er habe nicht den geringsten Zweifel daran, als Sieger aus dem Konflikt hervorzugehen. Auf die Frage, wie lange der Krieg dauern werde, habe Saddam gesagt: „Nur Gott weiß das.“ Und hinzugefügt: „Irak wird die Bewunderung der Welt für seinen Heldenmut gewinnen.“ Auf beiden Seiten werde viel Blut vergossen werden.
Arnett fragte den irakischen Staatschef auch danach, wie er den Einsatz von Öl begründe, einer Waffe, die schließlich die ganze Menschheit gefährde. Saddam Hussein antwortete, auch die Vereinigten Staaten hätten Öl als Waffe eingesetzt, als sie irakische Tanker und Ölinstallationen zu Land angriffen. Deshalb sei es gerechtfertigt, wenn das irakische Militär Öl „zu seiner Selbstverteidigung einsetzt, ebenso, wenn ölgefüllte Schützengräben in Brand gesetzt werden“.
Arnett fragte Saddam Hussein ferner nach der Verschleppung von Kriegsgefangenen an strategische Orte im Irak — eine Maßnahme, die gegen die Genfer Konvention verstößt. Einige von ihnen sind laut einem Bericht Radio Bagdads bei den jüngsten Luftangriffen verwundet worden. Der irakische Staatschef sagte dazu, auch irakische Studenten würden im Westen in ungerechtfertigter Weise interniert.
Damit spielte er auf die Festnahme irakischer Studenten in Großbritannien an, die ihre Entschlossenheit bekundet hatten, in den irakischen Streitkräften zu dienen. „Erlaubt die Genfer Konvention die Einsperrung irakischer Studenten im Westen?“ fragte Saddam dem CNN-Reporter zufolge.
Saddam sagte, er habe sich von den „scheinheiligen“ Politikern aus den USA und den mit ihnen verbündeten westlichen Nationen zur Herausgabe der bis Dezember in Irak und Kuwait festgehaltenen 5.000 westlichen Geiseln verleiten lassen, die bei jeder Gelegenheit herausgestellt hätten, damit werde der Frieden gerettet. „Wenn wir diese 5.000 Geiseln hier behalten hätten, hätte Bush dann trotzdem Bagdad angegriffen?“, so zitierte Arnett den irakischen Staatschef. wps/ap/taz
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen