: Tour d'Europe
■ Bahnfahrer und Überflieger
Zu den nebenstehend gemeldeten KriegsgewinnlerInnen fügen wir hier — gewissermaßen lateral — eine weitere, die eine durch angenehmere Umstände geförderte Steigerung ihres Umsatzes verdient hätte: die Eisenbahn. Zumal es sich anbietet, eine Tour d'Europe gewissermaßen mit dem Zug zu beginnen, das Auto völlig zu ignorieren, um dann mit der Negation der Fliegerei zu enden:
Der Ausbruch des Golfkrieges hat in Schweden (und wohl nicht nur dort) eine deutliche Verlagerung des Reiseverkehrs auf die Eisenbahn bewirkt. Hintergrund, so ein Sprecher der staatlichen Eisenbahngesellschaft SJ, sei das von zahlreichen Unternehmen ausgesprochene Flugverbot für alle Beschäftigten aus Furcht vor Terroranschlägen.
Ohnehin wird „bald die Eisenbahn das bieten können, was bisher nur das Flugzeug zu bieten hatte“, glaubt EG-Kommissar Karel Van Miert und meint damit die Entwicklung eines europäischen Eisenbahnnetzes für Hochgeschwindigkeitszüge, die dann kreuz und quer durch Europa düsen sollen. Die EG-Kommission schlug dem Ministerrat das Schema des für das Jahr 2010 geplanten Streckennetzes vor.
Die Entscheidungen eben jenes Ministerrates will der derzeitige EG-Präsident, der luxemburgische Außenminister Poos, künftig für alle Mitgliedsstaaten verbindlich machen. „In allen wichtigen Fragen“ sollte die Position der zwölf Mitgliedsstaaten in Zukunft im Rahmen des Ministerrats erörtert werden, regte Poos an. Sämtliche Mitglieder sollten sich „dann an die vereinbarte Haltung halten“. Es könnte auch sein, daß „verschiedene Entscheidungen mit einfacher Stimmenmehrheit oder mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden“, so Poos. Zur Zeit gilt die Einstimmigkeit.
Tatsächlich sind es nicht die EG-Parlamentarier, wie in diesem Blatt unser EG-Korrespondent nicht müde wird auf den undemokratischen Charakter der EG-Institutionen hinzuweisen, sondern die Minister der EG-Mitgliedsländer, die über Gesetze bestimmen. Lustig mutet es daher an, wenn das Europäische Parlament sich als „ökologisches Gewissen“ der Gemeinschaft und — Nomen est Omen? — „Motor“ für den Umweltschutz bezeichnet.
Seit der Wiedervereinigung gilt das Europarecht automatisch auch für das Gebiet der neuen Bundesländer. Doch die 18 BeobachterInnen aus der ehemaligen DDR im Europa-Parlament, die noch von der Volkskammer entsandt wurden, kommen lediglich in den Ausschußsitzungen zu Wort, im Plenum müssen sie den Mund halten. Die Vertreter von 17 Millionen neuen EG-Bürgern haben kein Stimm- und Rederecht. Das frustriert einen Teil der Leute so, daß sie gar nicht mehr aufkreuzen. Nur die neun CDU/DSU-Vertreter fühlen sich „keineswegs als Zuschauer überflüssig“ und als „gleichberechtigte Europa-Abgeordnete“ — klar, als „Gewissen“ taugen allemal auch stumme Parlamentarier.
Weil es vor vier Wochen so schön war, man nicht oft genug auf Vorbilder verweisen kann, und wir versprochen haben, gewissermaßen „fliegend“ diese Spalte zu beenden: Der EG-Umweltkommissar Ripa di Meana zum Thema Umwelt: „Ich wäre äußerst zufrieden, wenn ich meinen Konsum reduzieren könnte. Ich versuche es, ich fliege zum Beispiel ungern Concorde...“ bel
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