Israelische Peaceniks für den Krieg

Eine Initiative bekannter Persönlichkeiten wendet sich gegen westliche Friedensbewegungen/ „Saddam ist Hindernis für eine Friedensregelung“  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Eine Gruppe von AktivistInnen aus der israelischen Friedensbewegung hat sich am Montag in Tel Aviv öffentlich gegen die „Versöhnungsbestrebungen“ der Antikriegsbewegungen in der Welt gewandt. Der Aufruf unter der Überschrift „Frieden statt Beschwichtigungspolitik“ wurde vom „International Center for Peace in the Middle East“ veröffentlicht und von namhaften Schriftstellern, Dichtern und Akademikern sowie der Publizistin Yael Dayan, der Tochter des ehemaligen Verteidigungsministers Moshe Dayan, die vor kurzem mit dem Kreisky-Friedenspreis ausgezeichnet worden ist, unterschrieben. Zu den UnterzeichnerInnen gehören außerdem die Schriftsteller Amos Oz, Amos Elon, A.B. Yehoshua und Yoram Kaniuk, der Poet Yehuda Amichai sowie die Universitätsprofessoren Saul Friedländer, Menachem Brinker, Avischai Margalit und Nissim Calderon.

In dem Aufruf wird der zur Zeit am Golf wütende Krieg als „das Ergebnis unprovozierter irakischer Aggression gegen Kuwait“ bezeichnet. „Die irakische Aggression gegen die israelische Bevölkerung soll einzig und allein die Ausweitung des ,Heiligen Krieges gegen die Heiden‘ bezwecken. Jede Friedensbewegung, die sich diesen Tatsachen entzieht, schmeichelt dem Aggressor und spielt in seine Hände. Wir bedauern, daß bis heute keine weltweite Protestbewegung gegen den Verkauf von Gas, Chemikalien und anderen hochtechnologischen und zerstörerischen Angriffswaffen an den Irak entstanden ist, selbst nicht nach Saddam Husseins Massenmord am kurdischen Volk.“

Es könne keine politische Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes im Rahmen der Zufriedenstellung des irakischen Diktators geben, da dieser ohnehin kein Interesse an einer friedlichen Lösung habe. „Wir sehen im Sturz des völkermordenden irakischen Regimes einen unerläßlichen Schritt zu einem umfassenden Frieden. Wir rufen alle Friedensbewegungen der Welt auf, sich eindeutig auf die Seite derjenigen Kräfte zu stellen, die sich für den Sturz Saddam Husseins, dieses Feindes des Friedens, einsetzen.“ Auf einer Pressekonferenz sagte Amos Oz: „Ich bin ein Peacenik, aber kein Pazifist. Eine Sache ist schlimmer als Gewalt: sich der Gewalt zu beugen.“

Im Gegensatz zu dieser Ansicht standen die TeilnehmerInnen einer kleinen Demonstration linker israelischer Organisationen am Freitag vor der US-Botschaft in Tel Aviv. Auf Transparenten wurde gefordert, „Schluß mit dem Krieg“ zu machen. „Keine Raketen mehr, keine Bombardierungen“, hieß es, und „Irak muß sich aus Kuwait zurückziehen, Israel aus den besetzten Gebieten“. Eine Solidaritätsbotschaft wurde an die am folgenden Tag in Washington stattfindende Großdemonstration geschickt, in der es hieß: „Für uns, unter Raketenbedrohung, ist Beendigung des Krieges auch eine Frage des physischen Überlebens.“

Einer der Organisatoren, der Herausgeber des Informationsdienstes 'The Other Israel‘, Adam Keller, kommentierte am Montag den Aufruf der og. Gruppe von Schriftstellern mit den Worten: „Es handelt sich wohl um Bemühungen, bei der Mobilisierung Europas für die aktivere Unterstützung der von den USA geführten Kriegskoalition mitzuhelfen.“ Eine Schlagzeile, die „Israelische Friedenskräfte für den US-amerikanischen Krieg“ laute, könne als Instrument dienen, um Teile der europäischen Antikriegsbewegung „umzukrempeln“. Weiter wies Keller darauf hin, daß die Forderung nach Vernichtung des irakischen Regimes nicht in den UNO-Resolutionen verankert sei. Auch Ägypten habe sich von diesem Ziel distanziert. Der Krieg müsse jetzt beendet werden, denn „er bringt nur Schaden, tötet israelische Zivilisten und zerstört die israelische Gesellschaft. Man müsse Saddam Hussein ,testen‘: „Gäbe es eine amerikanisch- israelische Initiative, die die israelische Bereitschaft erklärte, die Zukunft der besetzten Gebiete mit der PLO zu verhandeln, und eine Bereitschaft der USA zum Waffenstillstand, damit Saddam Hussein eine weitere Chance zum Rückzug aus Kuwait hätte, wäre Saddam genötigt, Farbe zu bekennen“, so Keller.