: Wismarer Hilfsaktion droht, Opfer der Bürokratie zu werden
Wismar — Seit Mitte Dezember läuft in Westmecklenburg eine Hilfsaktion für zwei Kinderheime und ein Kinderkrankenhaus im Raum Kiew, die von Bürgern und Studenten der Hansestadt Wismar initiiert wurde. Die besondere Idee der Aktion war und bleibt es, daß die Initiatoren die Hilfsgüter selbst nach Kiew fahren und verteilen wollen.
Schon im Dezember standen in der sowjetischen Garnison in Wismar zehn LKW und Treibstoff dafür zur Verfügung. Auch die sowjetische Botschaft sagte volle Unterstützung zu. Der Dritte Sekretär der sowjetischen Botschaft in Berlin, Herr Platonow, erklärte, daß Visa und Kontakt nach Kiew unbürokratisch erstellt werden.
Doch nun, nachdem sich besonders Bürger, Studenten, Arbeitslose und Schüler engagiert haben und über 60 Tonnen Hilfsgüter (Lebensmittel, Medikamente und Kleidung) zur Verfügung stehen, hindert die sowjetische Bürokratie den Transport. Uns als Initiatoren geht es einzig und allein um die Kinder, während der sowjetische Konsul in Rostock, Herr Michailow, sagt: „Ich habe keine Zeit dafür, ich habe wichtigeres zu tun.“
Sind ihm die Kinder in seinem Land wirklich so unwichtig? Alle beteiligten in diesem Trauerspiel, ob polnisches Konsulat, sowjetisches Konsulat, sowjetische Botschaft, Kommandantur Wismar und die Militärattachés bekunden besten Willen, aber in Wirklichkeit werden immer neue Hürden errichtet. Der stellvertretende Regimentskommandeur der Wismarer Garnison wartet nur auf einen Befehl. Aber in Berlin stellt man sich stur. Für die Ausstellung der Visa werden plötzlich die Fahrtroute und die Kennzeichen der Fahrzeuge benötigt. Für die Übergabe der Fahrzeuge ist jedoch ein Befehl der Kommandantur Wünsdorf nötig, der aber nur kommt, wenn die Genehmigung der polnischen Behörden vorliegt.
Der polnische Militärattaché wartet auf den nötigen Anruf des sowjetischen Militärattachés und ist zur Genehmigung bereit. Obwohl wir, die Studenten, vor zwei Wochen selbst mit dem stellvertretenden sowjetischen Militärattaché, Herrn Kalugin, gesprochen hatten, gab er sich heute völlig unwissend.
Die CSFR würde den Konvoi passieren lassen. Die Behörden benötigen aber auch Einzelheiten, die die Fahrtroute und die Kennzeichen betreffen und nur vom sowjetischen Militär mitgeteilt werden können. Studentenrat TH Wismar
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