“...sage mir, wie alt du bist“

■ Alle altern, aber wie steht es um Bremens Altenkultur? Eine “Lebendige Stadt“-Matinee bei der „shakespeare company“

Warren Beatty kann es, Tina Turner kann es, sogar Mick Jagger kann es: in die Kurse für Ältere der Bremer VHS gehen. Denn die wenden sich an „Menschen zwischen Anfang 50 und Ende 80“. Aber welches dieser Aushängeschilder der „Forever Young“- Generation würde schon freiwillig eine „Seniorenveranstaltung“ besuchen? Viele ältere BremerInnen wollen das auch nicht. Das ist vielleicht das erstaunlichste Ergebnis der gut besuchten Matinee „Altenkultur in Bremen“ in der Reihe „Lebendige Stadt“ der Shakespeare-Company.

„Meine Mutter ist über 80. Aber wenn die in der Zeitung von einer Seniorenveranstaltung liest, sagt sie: 'Da sind ja nur alte Leute', und geht nicht hin“, erklärte eine Besucherin dem auch nicht mehr ganz jungen Norbert Kentrup. Viel Beifall von dem zu zwei Dritteln aus Älteren — Grenze fließend — bestehenden Publikum erhielten alle, die sich gegen eine „Gettoisierung“ und „Ausgrenzung“ von Alten aussprachen.

Lobenswerte, aber noch rare Beispiele einer Zusammenführung der Generationen wurden kundgetan: Eine Kindergruppe des Lagerhauses Schildstraße ist von einer Neuenlander Altengruppe zu einer Geburtstagsfeier eingeladen worden. Daraus hat sich ein kontinuierlicher Kontakt entwickelt. Die Alten wiesen die Jungen ins Schattenspielen ein. Man feiert zusammen. Im Rahmen eines orientalischen Cafes kann sich die Schildstraßen-Mitarbeiterin auch Kontakte zwischen Alten und türkischen und deutschen Jugendlichen vorstellen.

Renate Kösling von der VHS verteidigte das Angebot gesonderter Altenveranstaltungen: Alte Menschen seien in der VHS bisher „überhaupt nicht vorgekommen“ und bräuchten nun erstmal eine „Extra-Einladung“. Manche Probleme könnten Alte besser untereinander bewältigen. Die Generationen immer zu mischen, sei keine Lösung. Es müsse Wahlmöglichkeiten zwischen Altenveranstaltungen und einer Mischung der Generationen geben.

Kentrups Anliegen, Struktur und Defizite von Altenkultur in Bremen zu ergründen, konnte nur ansatzweise befriedigt werden. Die sonst übliche Expertenrunde auf dem Podium sollte diesmal durch Publikumsbeiträge (“als Ältere oder älter Werdende lauter Experten“) ersetzt werden. Die Rechnung ging nicht auf. Zu erfahren war lediglich, was ohnehin bekannt ist: daß alte Leute sich fürchten, bei Dunkelheit das Haus zu verlassen, Kultur also am Vormittag oder Abend stattfinden oder eine sichere Transportmöglichkeit wie das Nachttaxi geschaffen werden möge.

Ansonsten meldeten sich überwiegend Verbandsvertreterinnen mittleren Alters zu Wort, um ihre Veranstaltungen anzupreisen. Viel Zündstoff, der in dem Thema liegt, blieb damit im Karton. Die vor der „Diskussion“ agierenden Laientheatergruppen boten Spannenderes (siehe Kasten nebenan). Aber allein schon der demographische Druck wird dafür sorgen, daß künftig häufiger über Altenkultur diskutiert wird. Annemarie Struß-v.Poellnitz