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Staatsanwalt ermittelt gegen Trierer Uni-VV

■ Anzeige „gegen Unbekannt“ wegen Aufrufs zur Desertion

Trier (taz) — Die Trierer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen eine komplette studentische Vollversammlung an der Trierer Universität wegen des Verdachts des „Aufrufs zur Fahnenflucht“.

Der leitende Oberstaatsanwalt Wilbert Ringel bestätigte gegenüber der taz die Ermittlungen „gegen Unbekannt“, bei denen alle Anwesenden bei der Vollversammlung „zunächst einbezogen“ würden.

Betroffen von dieser bislang in Rheinland-Pfalz beispiellosen Großaktion der Justiz gegen Studierende, die sich zu sogenannten „allgemeinpolitischen“ Angelegenheiten äußern, ist eine Vollversammlung an der Trierer Universität vom vergangenen Donnerstag. Nach langer Debatte hatte eine Mehrheit der StudentInnen mit 83 zu 79 Stimmen einer Resolution zugestimmt, in der es heißt: „Wir fordern die Kriegsdienstverweigerung aller Soldaten jetzt, wir fordern alle Soldaten auf, im Falle eines Kriegseintritts der Bundesrepublik zu desertieren.“

Die Staatsanwaltschaft sieht darin einen öffentlichen Aufruf zu einer Straftat, die unter Umständen wie „Anstiftung“ zur Fahnenflucht zu werten sei. Das bedeute selbst für den Fall, daß die Aufforderung ohne Wirkung bleibe, empfindliche Geldstrafen oder Haft bis zu fünf Jahren, erklärte Ringel.

Wie die beauftragte Kriminalpolizei jetzt die mehr als zweihundert TeilnehmerInnen der Vollversammlung ausfindig machen und das Abstimmungsverhalten jeder und jedes einzelnen Beteiligten herausfinden will, sagte Ringel nicht. Das hänge von den „Ansatzpunkten“ ab, die die Kriminalpolizei finde.

Nach Informationen der taz sprach die Kriminalpolizei bereits in der Lokalzeitung 'Trierischer Volksfreund‘ vor, um die Herausgabe von Fotografien zu fordern, die in der Zeitung über die Vollversammlung vom letzten Donnerstag veröffentlicht worden waren. Zu sehen sind auf den Fotos die StudentInnen beim Heben der Hände zur Abstimmung. Thomas Krumenacker

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