: SPD gegen Kriegsfinanzierung
■ In der der parteiinternen Diskussion verhärten sich die Fronten/ SPD fordert: Bundeswehr soll aus der Türkei abziehen
Bonn (taz) — In der SPD-internen Diskussion um den Golfkrieg verhärten sich die Fronten. Der Parteirat, ein Zusammenschluß der Landes- und Bezirksvorsitzenden, wollte gestern nicht über ein Papier der Parteilinken aus dem Frankfurter Kreis abstimmen. Statt dessen bekräftigten die Sozialdemokraten lediglich noch einmal unstrittige Positionen: „In der gegenwärtigen Situation“, so der Parteiratsvorsitzende Norbert Gansel, sei die SPD „zur Finanzierung der Kriegshandlungen nicht bereit“. Dies schließe jedoch ein Ja zu einzelnen Maßnahmen, wie zum Beispiel Hilfen für Jordanien oder Ägypten, nicht aus. Gansel forderte die Bundesregierung auf, in einer schriftlichen Vorlage für den Bundestag zu erläutern, für welche Zwecke die den USA und Großbritannien zugesagten Zahlungen verwendet und wie sie finanziert werden sollen. Auf dieser Grundlage werde die SPD entscheiden, ob sie die Unterstützung mittrage.
Nach den Worten Gansels will sich die SPD in den nächsten Wochen auf die Aufklärung von Verantwortlichkeiten der Bundesregierung für Waffenexporte nach dem Irak konzentrieren. Obwohl die Sozialdemokraten Waffenlieferungen in Spannungsgebiete grundsätzlich ablehnen, stimmte der Parteirat der Entsendung von Abwehrraketen nach Israel zu: ausnahmsweise, wie der Ratsvorsitzende Norbert Gansel den Journalisten erläuterte. Über das Eintreten des Nato-Bündnisfalles müsse der Bundestag bei einem Angriff des Iraks auf die Türkei mit Zweidrittelmehrheit entscheiden, forderten die Bezirksvorsitzenden. Ob die Sozialdemokraten dem dann zustimmen sollten, ließ der Parteirat gestern bewußt offen. Ebenso gab es keine Entscheidung darüber, ob die SPD jetzt nicht bedingungslosen Waffenstillstand fordern soll.
In der SPD-Vorstandssitzung am Montag hatten sich die Genossen genau über diesen Punkt zerstritten. Es gehe nicht an, schimpfte Ehrenpräsident Willy Brandt, daß Teile der SPD einen sofortigen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen verlangten. Eine Feuerpause sei nur denkbar „in Verbindung mit einer deutlichen Willenserklärung der Führung des Iraks, den Rückzug aus Kuwait einzuleiten“. Der Vorwurf richtete sich gegen den saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine und die Parteilinken aus dem Frankfurter Kreis. Lafontaine hatte zu Beginn der Woche noch einmal seine Forderung nach einem Waffenstillstand wiederholt. Erst danach könne realistischerweise mit Hussein über den Rückzug aus Kuwait verhandelt werden. Auch in der Erklärung des Frankfurter Kreises stehen beide Forderungen — eine Feuerpause und der Abzug der irakischen Truppen — getrennt voneinander.
SPD-Schatzmeister Ulrich Klose hatte — wie Brandt — kritisiert, daß sich die SPD mit dieser Position international ins Abseits manövriere. Gemeinsam mit dem designierten SPD-Vorsitzenden Björn Engholm hatte er eine Erklärung der Atlantik- Brücke unterschrieben. In diesem von dem Christdemokraten Walther Leisler Kiep initiierten Aufruf heißt es: „Deutschland hätte weder seine Freiheit behalten noch seine Einheit wiedererlangen können, wenn nicht diese mit uns befreundeten Demokratien den Deutschen zur Seite gestanden hätten.“ tst
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