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Thomaskantor bestätigt Kontakte zur Stasi

Leipzig. Langjährige Kontakte zum ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit hat Thomaskantor Prof. Hans-Joachim Rotzsch am Freitag abend gegenüber Sachsen-Radio bestätigt. So habe vor jeder Reise des weltberühmten Klangkörpers eine Liste mit den Teilnehmern in die „runde Ecke“ gebracht und beraten werden müssen, wer von den Jungen mitfahren darf. „Die Treffs haben auch mitunter in meiner Wohnung oder im Auto stattgefunden“, sagte Prof. Rotzsch. Er habe dabei Aussagen treffen müssen, ob dieses und jenes Kind zuverlässig sei, ob es von einer Reise wiederkommen würde. „Wenn für einen Reise-Teilnehmer der Paß dann nicht ausgegeben wurde, sollte ich dem Betroffenen mit fadenscheinigen Begründungen die Absage beibringen, was ich jedoch nicht tat.“

Geld habe er von der Staatssicherheit nie bekommen. „Ich habe lediglich das getan, wozu jeder staatlicher Leiter zu tun verpflichtet war. Wer jetzt so tut, als wäre das nicht so gewesen, der hat in dieser DDR einfach mit Scheuklappen gelebt.“ Gegenüber der Zeitung 'Express‘, die ihm einen anonymen Brief gezeigt und „dazu auf jeden Fall etwas veröffentlichen wollte“, habe er die Art der Zusammenarbeit bestätigt. „Im Affekt antwortete ich noch: Um die Position des Kantors nicht zu beschädigen, knall ich das Amt hin oder fahre gegen einen Baum.“ Rotzsch habe Beweise der Freundschaft und Solidarität erhalten. Jene Menschen hätten erkannt, daß ein Kontakt zur Staatssicherheit in einer solchen Position üblich war, „ob man wollte oder nicht“. Er habe sich jedoch stets schützend vor die Kinder gestellt und fühle sich in keiner Weise schuldig.

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