: Patriots für Polen?
■ Polen will Abwehrraketen aus Angst vor Bürgerkrieg in der UdSSR und vor einem mächtigen Deutschland
Washington (taz) — Der große „Erfolg“ der „Patriot“-Abwehrrakete im Golfkrieg hat bei bei zahlreichen Regierungen Gelüste geschaffen — nicht nur in westlichen Indstriestaaten und einer Reihe von „Drittwelt“- Ländern. Auch Polen bemüht sich um die „Wunderwaffe“. Entsprechende Informationen der Bostoner Patriot-Herstellerfirma Raytheone, bei der Warschau zunächst vorstellig geworden war, wurden von polnischen Diplomaten und vom Pentagon bestätigt. Begründet wird der Wunsch nach dem teuren Abwehrsystem mit der angeblichen Bedrohung Polens, sollte es zu einem Bürgerkrieg in der Sowjetunion kommen. Aber auch gegen den mächtigen deutschen Nachbarn will man gewappnet sein. Die Lieferung von Patriots bedürfte der Zustimmung der US-Regierung. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Intern äußerte sich Verteidigungsminister Cheney zunächst ablehnend. Polen ist immerhin noch Mitglied des Warschauer Vertrages und wird in Washington nach wie vor unter der Rubrik „ehemalige kommunistische Länder“ geführt. Mit gewisser Sorge wurde in der Bush-Administration der relativ große Zuspruch registriert, den Walesas Gegenkandidat im Präsidentschaftswahlkampf, Tyminski, mit seiner Forderung nach Atomwaffen unter den PolInnen gefunden hatte. Mit seinem Wunsch nach Patriot-Raketen versuche Walesa offensichtlich auch, auf diese Stimmung zu reagieren. Darüber hinaus, so heißt es im Pentagon, müsse bei einer Patriot-Lieferung an Polen damit gerechnet werden, daß demnächst andere osteuropäische Staaten oder einzelne Republiken der Sowjetunion den Wunsch nach dem Waffensystem äußern. Dem könne sich Washington dann schwer entziehen. Die Möglichkeit, eines Tages auch mit Waffenwünschen aus sowjetischen Republiken konfrontiert zu werden, wird in Washington höher eingeschätzt, seit erstmals Geld der USA an der Moskauer Zentralregierung vorbei direkt in die Republiken geleitet wurde. Andreas Zumach
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