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Einfach mißverstanden!

■ Thüringen verschenkt Trabants an Ostländer

Erfurt (taz) — Kein Thüringer, noch nicht einmal ein Hund des gesegneten Ländles, will noch Trabant fahren. Selbst jene, die noch vor Jahresfrist ohne zu zucken 25.000 Mäuse (Ost) auf dem Schwarzmarkt für den Plastebomber hingelegt hätten, wollen ihn noch nicht einmal mehr geschenkt. Dieser landauf, landab um sich greifenden typischen DDR-Unbescheidenheit hat jetzt ein Thüringer Minister den Kampf angesagt. Willibald Böck, Landesvorsitzender der CDU Thüringen und Innenminister soll fünfzehn außer Dienst gestellte Polizeitrabants für seine Amtsbrüder in den anderen Bundesländern herrichten lassen. Leider nicht, wie von Thüringer CDU- Wählern fromm gehofft, als Signal zur Abkehr von Mercedes, die man dann als Spende hungrigen Negerkindern oder freiheitsliebenden Balten hätte übereignen können. Als Geschenk sollen die Trabis gedacht sein, als nostalgisches Präsent des neu-ostdeutschen Ministers zur Erinnerung an Alt-Ostdeutschlands dunkelste Zeit. Die gute Absicht mißverstehend, hat nun die Polizeigewerkschaft GdP Anzeige erstattet — wegen Veruntreuung von Steuermitteln. Das Ausrüstungsmanko der Polizei mit unverzichtbarem Gerät sei riesig.

Gleichzeitig aber verschwindet das Geld des Steuerzahlers ebenso bedenkenlos unter dem Tisch wie zu Herrschaftszeiten des eben angeklagten Täters gleichen Namens. 5.000 Mark pro Oldtimer sollen in die Restaurierung investiert werden. Fast soviel wie ein neuer, wäre er noch zu haben, gegenwärtig auf dem Markt erzielt. Eigenartigerweise ist die Anzeige der Polizeigewerkschaft gegen „Unbekannt“ gerichtet. Vielleicht, weil dem Thüringer Innenministerium auf Anfrage von einer Anweisung des Ministers bezüglich der Trabants nichts bekannt ist. Jedenfalls nicht davon, daß die Trabis als Repräsentationsgeschenke hergerichtet würden. Für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit allerdings, ja, da werden die Relikte einer schrecklichen Zeit künftig benutzt. Henning Pawel

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