: Krokodilstränen
■ Der Lufthansa konnte kaum Besseres passieren MIT DEM INTERFLUG-ABSTURZ AUF DU UND DU
Berlin (taz) — Bei der Lufthansa dürften am Wochenende einige Sektkorken geknallt haben — diskret in den Hinterzimmern, versteht sich. Etwas Besseres, als das endgültige Aus für die ostdeutsche Interflug konnte der bundesdeutschen Staatsfluglinie kaum passieren. Schon als sie am 19. Dezember ihr Übernahmeangebot erneuerte, ging es vor allem darum zu verhindern, daß andere über Interflug in den deutschen Inlandsmarkt einsteigen.
British Airways (BA) zum Beispiel hätte gerne eine deutsche Fluglinie gehabt, um als Inlandsfirma die vielen juristische Barrieren des deutschen Luftverkehrs überfliegen zu können. Die Lufthansa zog folgerichtig ihr Angebot auch erst zurück, nachdem British Airways wegen der Golfkriegsverluste ausgestiegen war.
Während die Lufthansa im Herbst nur durch das Bundeskartellamt von der Übernahme zurückgehaltenn werden konnte, waren ihre Verlautbarungen bereits Mitte Januar erheblich vorsichtiger geworden. Bei Lufthansa wie British Airways hieß es unisonso, daß eine Entscheidung der Treuhand eher als Beginn, denn als Ende von Übernahmeverhandlungen angesehen werden müsse. Schließlich war von der Interflug schon zu Beginn des Jahres kaum noch etwas übrig (s. taz vom 17.1.): 2.900 Beschäftigten, drei noch nicht abgezahlte Airbusse, sieben Iljuschin- 62 und 15 Tupolew-125. Und seit 782 Techniker die Interflug Richtung Lufthansa verlassen hatten, meldete das Luftfahrt-Bundesamt arge Bedenken in puncto Flugsicherheit an.
Branchengerüchten zufolge soll die Interflug zuletzt 500.000 bis 700.000 D-Mark täglich an Verlusten eingeflogen haben — vor Beginn des Krieges am Golf, der allen Fluggesellschaften wirtschaftliche Probleme bereitet.
Bei der „großen Betroffenheit“, welche die Lufthansa am Wochenende äußerte, kann es sich also nur um Krokodilstränen handeln. Natürlich stellt man gerne Management-Know-how zur „sozialverträglichen Konkursabwicklung“ bereit: Vielleicht findet sich dabei noch die eine oder andere fähige Fachkraft, und für Entlassungen bleibt die Treuhand zuständig. dri
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