: Dollar durchbricht die Schranke von 1,45 D-Mark
■ Neuer Tiefenrekord gestern nur durch Notenbankintervention vermieden
Frankfurt (dpa/taz) — Die am Vortag eingeleitetet Talfahrt des Dollar ging gestern weiter. In Frankfurt erreichte die US-Währung gestern mit einem amtlichen Mittelwert von 1,4535 (Montag: 1,4537) D-Mark ein neues Tief. Allerdings waren konzertierte Interventionen der europäischen Zentralbanken nötig, um den US-Dollar, der bei Handelseröffnung bei 1,4475 Mark dümpelte, wieder über die nach Devisenhändler-Meinung „psychologisch wichtige“ 1,45-D-Mark-Schranke zurückzuhieven.
Die Dollarbaisse ist nach Ansicht des Devisenhandels unter anderem Ausdruck der schwachen US-Konjunktur. In amerikanischen Bankkreisen wird hingegen Uneinigkeit unter den G-7-Ländern, den sieben wichtigsten Industrienationen, als Grund für die Dollarschwäche angegeben. So kam es am späten Montag an den Märkten zu konzertierten Interventionen der Zentralbanken der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Kanadas, während unmittelbar zuvor Bundesbank-Vizepräsident Helmut Schlesinger gesagt hatte, daß zur Dollarstabilisierung aktuell kein Eingreifen notwendig sei. Derart unterschiedliche Einschätzungen irritierten die DevisenhändlerInnen. Und weil man nichts genaues weiß, spekulieren die Leute, die viel Geld dafür übrig haben, derzeit lieber am haussierenden US-Aktienmarkt (s. McCash Flow).
Allerdings folgten die Märkte in Europa gestern nicht den Höhenflügen an der New Yorker und der Tokioter Börse, wo die Kurse je um gut 2,5 Prozent zugelegt hatten. Der Frankfurter DAX verlor gar 1,32 Prozent, weil die Spekulanten ihre Gewinne mitnehmen wollten. In New York war der Dollar trotz der Stützungskäufe der Notenbanken am Montag auf ein neues Rekordtief von 1,4477 D-Mark abgesackt, gegenüber 1,4556 D-Mark am Freitag, bei gleichzeitigem Aktienboom.
„Die Amerikaner stört ganz offensichtlich die Entwicklung des Dollarkurses derzeit nicht“, resümierte FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff in New York leicht verwundert, nachdem er in Washington mit US-Notenbankchef Alan Greenspan zusammengetroffen war. Lambsdorff nannte das Gespräch über die Anhebung der deutschen Leitzinsen bei gleichzeitiger US-Diskontsatzsenkung „viel entspannter“ als erwartet. Diese Zinsschere zwischen USA und Bundesrepublik wird allgemein als Auslöser für den Dollarabsturz genannt. Am New Yorker Devisenmarkt ist man dennoch der Meinung, daß die Notenbankinterventionen nicht dazu dienen sollen, eine Trendänderung für den Dollar zu erzwingen. Es gehe vor allem um eine Stabilisierung der Märkte. dri
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