Innenminister Braun belastet

Innenminister Braun könnte zum schwächsten Glied in der Kette des sächsisch-anhaltinischen Kabinetts werden/ Braun dementierte Vorwurf der Zusammenarbeit mit dem MfS/ Vorwürfe wegen dubioser Personalpolitik  ■ Von Eberhard Löblich

Magdeburg (taz) — Sie ist kaum 100 Tage im Amt, da hat die CDU/FDP- Landesregierung von Sachsen-Anhalt ihren ersten handfesten Regierungsskandal. Das schwache Glied in der Kette des Kabinetts ist der Innenminister Wolfgang Braun (CDU). Der soll Stasi-Spitzel gewesen sein. Bei seiner Personalpolitik nach der Wende hat er auch nicht gerade eine glückliche Hand gehabt haben. Er machte einen dubiosen Frankfurter Privatdetektiv und einen V-Mann der Polizei im berüchtigten Frankfurter Drogenmilieu zu den ersten Beamten des Bundeslandes.

Eigentlich sind solche Vorwürfe ein gefundenes Fressen für jede Opposition. Doch die von Sachsen-Anhalt schläft selig. Die SPD traut sich nicht so recht, und die Fraktionen von PDS/Bündnis 90/Grüne wissen von gar nichts. Ministerpräsident Gerd Gies sieht angesichts solcher Lage keinen Anlaß, seinen Ski-Urlaub zu unterbrechen.

Für Braun werfen sich unterdessen andere in die Bresche. Die vom 'Spiegel‘ veröffentlichten Vorwürfe seien Teil einer Kampagne gegen CDU-Politiker in Ostdeutschland, findet der Vorsitzende der CDU- Fraktion im Landtag, Joachim Auer. „Diese Kampagne wird vom Westen aus gesteuert“, glaubt Auer, „womöglich von alten Stasi-Seilschaften, die sich rechtzeitig dorthin abgesetz hatten.“ Auch der niedersächsische CDU-Fraktionschef Jürgen Gansäuer eilte an die Elbe, um dem angeschossenen Innenminister moralische Rückenstärkung zu geben. „Solche Vorwürfe sind ein Stück Überheblichkeit und Arroganz von Wohlstandsdemokraten“, klagt er.

Natürlich hält nach Angaben von Regierungssprecher Michael Gentsch auch das Kabinett seinem angeschlagenen Innenminister die Stange. Zumindest, was die Stasi- Vorwürfe angeht. Und da ist der 'Spiegel‘ wohl einige Meter über das Ziel hinausgeschossen. Braun war, und das gibt er auch zu, Informant des Kommissariats I der Magdeburger Kripo.

Das mußte er Kraft seines Amtes, als Justitiar des VEB Altstoffhandels, auch sein. „In dieser Funktion war ich gehalten, Straftaten der Beschäftigten, zum Beispiel Diebstähle und Unterschlagungen, an die Kripo weiterzugeben.“ Das Kommissariat I war vor der Wende für die Aufklärung von Wirtschaftsvergehen zuständig. Das ist wie in anderen Städten auch in Magdeburg eine Zulieferabteilung der Stasi gewesen sei, behauptet der 'Spiegel‘, ohne es allerdings eindeutig zu belegen. Klar, daß es Vertrauenserklärungen für den angeschossenen Minister nur so hagelt. Zumindest, was den Stasi-Vorwurf angeht.

Arbeitete Brauns Intimus für den VS?

Für seine Personalpolitik möchte aber niemand dem Rechtsausleger Braun einen Persilschein ausstellen. Die ist in allen Vertrauenserklärungen und Beteuerungen kein Thema, vermutlich, weil sie eins werden könnte, über das der Minister letzlich doch stürzen könnte.

Der dubiose Frankfurter Privatdetektiv Klaus-Peter Matschke setzte unter Braun zu einer Traumkarriere in Sachsen-Anhalt an. Minister Braun machte Matschke zum Oberrat der Magdeburger Kripo. Und zwar als erste Amtshandlung überhaupt — und ohne jegliche Rechtsgrundlage. „Wir haben doch noch gar kein Beamtengesetz“, klagt zum Beispiel Finanzminister Werner Münch, „wie kann Braun da schon Beamte benennen?“ Doch das Problem hat sich mehr oder weniger von selbst erledigt. Matschkes Geschäfte in Sachsen-Anhalt liefen offensichtlich nicht so, wie er sich das vorgestellt hat. Er meldete sich erst krank und tauchte dann unter. Arm wird der Frankfurter Privatdetektiv durch die jetzt ausbleibenden Bezüge aus Sachsen-Anhalt sicher nicht. Zu seinen Arbeitgebern soll schließlich auch der niedersächsische Verfassungsschutz gehören. Für den jagt Matschke in Sachsen-Anhalt nach eigenen Angaben ehemalige Stasi- Agenten. Nicht, um sie ans Messer, sondern um sie an die Personalabteilung des niedersächsischen Geheimdienstes zu liefern. Die einst enge Freundschaft zwischen Braun und Matschke ist inzwischen dahin.

Braun brachte alte SED- Leute zu neuen Posten

Auch in einer anderen Personalangelegenheit hat sich der Innenminister ins Gerede gebracht. Der erste demokratisch gewählte Magistrat der Stadt Magdeburg hatte zwei besonders belastete und fachlich unfähige Stadträte der SED-Zeit in die Wüste zu schicken. Däumchendrehen mußten Heinz Schumann und Lothar Jahn, einst für Finanzen und Umwelt der Stadt zuständig. Der Minister nahm sie unter seine Fittiche und stattete sie mit gut dotierten Positionen im Innenressort aus.