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Bund darf 400 Milliarden ausgeben

■ Nach Waigels Haushaltsentwurf 1991 macht Bonn 70 Milliarden Mark neue Schulden

Bonn (dpa/taz) — Der Bund darf in diesem Jahr 399,7 Milliarden Mark ausgeben und sich mit knapp 70 Milliarden Mark verschulden. Das erlaubt der jetzt fertiggestellte Haushaltsentwurf 1991 aus Theo Waigels Finanzministerium. In diesem Entwurf — zunächst ohne Steuererhöhungen — sind die für das erste Quartal zugesagten Bonner Hilfen für den Krieg von rund elf Milliarden Mark enthalten. Da der Etat nun voll ausgereizt sei, sieht Waigel (CSU) nur noch höhere Steuern als Möglichkeit, mehr Geld einzunehmen.

Der Haushaltsentwurf 1991 soll am Mittwoch im Kabinett beraten werden und bis Ende Juni im Parlament entschieden sein. Während dieser Zeit könnten, so hieß es im Finanzministerium, die erwarteten Änderungen wegen des Krieges eingebaut werden. Im laufenden Etat wurden 37 Milliarden Mark, nicht 35 Milliarden, eingespart, umgeschichtet und mehr eingenommen. Dem Etat von knapp 400 Milliarden Mark — 1990 wurden 379,5 Milliarden ausgegeben — werden etwa 80 Milliarden Mark einigungsbedingte Ausgaben zugerechnet. Steuererhöhungen stehen also nicht nur wegen der Solidarbeiträge zum Golfkrieg an, sondern auch für Hilfen zur Vermeidung eines Finanzdesasters in Ostdeutschland.

Der Finanzminister selbst lehne kategorisch jede weitere Neuverschuldung 1991 ab, die 1992 nunmehr 49,4 Milliarden und in den beiden Folgejahren 40,6 und 30,9 Milliarden Mark betragen soll, hieß es aus dem Ministerium. Bezüglich Sparmöglichkeiten, welche die Notwendigkeit von höheren Steuern mildern könnten, äußerte sich das Ministerium skeptisch, weil auch bei der Aufstellung dieses Etats Vorschläge der anderen MinisterInnen für den Subventionsabbau gefehlt hätten.

Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann, der nach der Rasenmähermethode einen Abbau von zehn Prozent verlangt hatte, habe in seinem Ressort 1991 den höchsten Zuwachs von Subventionen und auch sonst mit 110 Prozent die höchste Zuwachsrate aller Ressorts. Der gescholtene Möllemann wies gestern „mit Nachdruck“ darauf hin, daß der Anstieg der Ausgaben seines Ressorts „den unabweisbaren Bedarf an finanzieller Förderung für die neuen Bundesländer widerspiegelt“. Wer hier nach einer politischen Rechtfertigung frage, habe den Ernst der wirtschaftlichen Situation dort nicht erkannt.

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