: Vollblutkomödiant
■ „Juhnke & Co“, Mo., ARD, 21.05 Uhr
Alle Register seines Könnens“ werde Harald Juhnke in der neuen sechsteiligen Comedy-Serie ziehen: Wenn dieser Satz aus dem Lego-Wortbaukasten der Pressewerbung in den Programmzeitschriften die Runde macht — bis hin zur Fernsehansagerin —, wird einem schon vor dem ersten Registerzug des „Vollblutkomödianten“ blümerant. Denn die Fernseherfahrung lehrt seit Jahren, daß deutsche Komödianten im allgemeinen alle Register ihres Repertoires an plump lärmenden Blödeleien ziehen, daß sie in erster Linie selbst daran glauben, unwiderstehlich komisch zu sein und an ihrem Publikum aufdringlich- echauffierte Überzeugungsarbeit leisten.
Genau das aber kann man von Harald Juhnke nicht behaupten, dessen Humor nichts mehr mit Sahnetorten- Schmeißen zu tun hat. Der „Star von der Spree“, der als „Entertainer“ bis 1995/96 ans Berliner Renaissance- Theater gebunden ist, und dort als spielend, singend tanzend das Publikum begeistert, kann etwas viel Besseres, als alle Register seines Könnens zu ziehen: Der kann so tun, als wüßte er nichts von seiner Komik. Seine Szenen hat der Schauspieler und Komödiant, der vor allem wegen seiner Alkoholprobleme in der Regenbogenpresse bekannt ist, dem wahren Leben abgeschaut, nur alles etwas schräger und schriller. Harald Juhnke ist in der Lage, sein Können nicht vordergründig auszuspielen: Er tippt nur auf die Tasten wie einer, der im Vorübergehen mal eben ausprobiert, ob er sein Repertoire beherrscht.
Als Möchtegern-Geigenvirtuose beherrscht er freilich gar nichts: Inbrünstig sägt er, zur Verzweiflung seiner Freunde, bis er schließlich einsehen muß: Es wird nichts mehr aus ihm. Aus seiner tiefen Depression will Freundin Trudi ihn befreien — mit Helmut Zacharias und einem falschen Tonband. Jetzt hält sich Juhnke für einen „Himmelsgeiger“, dessen Gesäge auf Tonband in Virtuosität verwandelt wird, und eilt ins Plattenstudio, um sich zu produzieren. Das muß natürlich schief gehen, doch wie das schiefgeht, wie Juhnke diese im Grunde alberne Geschichte witzig macht — das ist einfach zum Lachen.
Er weiß, daß Schadenfreude eine der schönsten Freuden ist, daß man sie aber nur genießen kann, wenn sich das Objekt der Schadenfreude in seiner Eitelkeit gerade genügend aufbläst, gerade genügend lächerlich ist, um neben dem Schaden auch noch den Spott hervorzulocken. Juhnke im Plattenstudio, wie er entsetzt dem eigenen Sägen zuhört, wie er erkennen muß, daß er ein Opfer seiner Eitelkeit geworden ist: Allein dafür gebührt dem Komödianten Dank. Wann kann man in einer deutschen comedy schon mal laut lachen? Sybille Simon-Zülch
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen