: Kriegsreporter dürfen nicht zur Front
■ Saudis verschärfen Vorschriften für Journalisten/ Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt/ US-Journaille bevorzugt/ Reporter planen Protestzug ins Kriegsgebiet
Dhahran (afp/dpa/taz) — Die saudi-arabischen Behörden haben am Montag die Vorschriften für die Berichterstattung über den Golfkrieg verschärft. Die sechs neuen „Medienrichtlinien“ beschränken in erster Linie den Zugang zu möglichen Kampfgebieten auf Mitglieder der „Front-Pools“, kleine Journalistengruppen, die unter militärischer Aufsicht an die Front gebracht werden. Bei Verstoß gegen diese Vorschriften droht jetzt Ausweisung.
Außerdem wird der Gebrauch tragbarer Satellitentelefone verboten, wenn keine „schriftliche Genehmigung sowohl des saudi-arabischen Informationsministeriums als auch des Postministeriums vorliegt, die den genauen Ort des Gebrauchs festlegt“.
In Saudi-Arabien sind nach Angaben eines US-Militärsprechers etwa 1.300 Journalisten akkreditiert. Die meisten haben keine Chance, in einen der „Pools“ zu gelangen. Sie sind auf ihre Kollegen angewiesen, die die ihnen zugänglich gemachte, von Militärzensoren ausgewählte Information weiterreichen. Unter den Reportern im Kriegsgebiet wächst deshalb der Unmut. Seit Monaten warten Korrespondenten von Japan bis Brasilien, von Finnland bis Italien, aus Australien oder der Bundesrepublik darauf, selbst an die Front zu kommen und nicht mehr auf Informationen aus zweiter Hand angewiesen zu sein.
300 von ihnen wollen aus Ärger darüber, daß sie keinen der begehrten Plätze in den 18 Pools der USA erhielten, in den nächsten Tage einen Protestkonvoi auf eigene Faust in das Kriegsgebiet starten. „Wir wollen endlich selbst sehen, was wirklich passiert. Die Amerikaner wollen nur, daß man keine Bilder von Toten sieht“, so ZDF-Korrespondent Günther Winkelmann. Andere Journalisten beklagen, durch die Regelung werde „nur aus einer amerikanischen Perspektive berichtet“. „Die US-Sender meinen, sie hätten den Krieg gekauft.“ US-Militärs machen aus der Vorzugsbehandlung ihrer Landsleute keinen Hehl. Man könne schließlich nicht mal alle 700 amerikanischen Reporter mitnehmen. „Es hapert bei uns einfach daran, daß wir keine Truppen hier haben“, so Winkelmann. „Keine Truppen, keine Pool-Plätze“, lautet die Standardformel, die hinter vorgehaltener Hand immer wieder zu hören ist.
Durch die neuen Vorschriften sind die Nicht-Pool-Mitglieder angewiesen, die Gegend um die saudische Hafenstadt Chafdschi in einem Umkreis von 100 Kilometern nicht zu betreten und zwölf Kilometer von der saudisch-kuwaitischen Grenze entfernt zu bleiben. Auch die Stadt Hafr el-Batin, wo am Donnerstag irakische Scud-Raketen eingeschlagen waren, darf nur von Journalisten in offizieller Begleitung von Soldaten betreten werden.
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