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Kiefers kalte Schulter

Seit zwei Wochen arbeitet der 1945 in Donaueschingen geborene Anselm Kiefer in den Hallen der Neuen Nationalgalerie. Am 8. März wird in dem Museumsbau am Kulturforum die bisher größte Ausstellung des im Odenwald lebenden Künstlers eröffnet. Und da Ausstellungen in einer sich als künftige Kulturmetropole Europas anpreisenden Stadt nicht einfach mehr nur eröffnet, besucht und besprochen werden können, lädt man die Presse zu einem Arbeitsbesuch ein. »In der oberen Halle des Museums werden die neuesten Arbeiten des Künstlers gezeigt, drei Bibliotheken, fünf Flugzeuge, eine Rakete und einige Gemälde.« So verspricht es die Einladung des Generaldirektors der Staatlichen Museen.

Wem ein derartig materialintensiver Köder nicht ausreicht, der darf sich auf einen Blick »über die Schulter« freuen. Doch der Meister, der (wie uns vom mit zwei Millionen DM am Ausstellungsprojekt führend beteiligten Verein der Freunde der Nationalgalerie versichert wird) in Amerika viel bekannter, d.h. teurer ist als in Deutschland, will nicht. Er hält das ganze ohnehin für Unsinn und hat sich ins Untergeschoß begeben.

So bleibt es Dieter Honisch überlassen, den versammelten Kulturreportern den imposanten Fliegerhorst mit Betriebsbibliothek und Kantinen-Wandschmuck zu erklären. Kiefer hat es wirklich nicht verdient, daß der Golfkrieg sein Environment zu einer CNN-Studiokulisse gerinnen läßt, doch den Veranstaltern kommen diese Assoziationen nicht ungelegen. Verleihen sie doch der Show das Spektakuläre und jenen Zeitbezug, den Kultur heute braucht, um im Wettstreit um Einschaltquoten und Besucherzahlen mithalten zu können. Über Kunst sollte man nach diesem ersten Einblick nicht reden. Lassen wir Kiefer die Zeit bis zur Eröffnung und begnügen uns mit einem »Es kann ganz nett werden«. a.m./Foto: David Baltzer/Sequenz

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