: Henning Scherf stopft die Schulen voll
■ Bildungssenator legt Pläne für die Schuljahre bis 1995 vor / Kein Geld für Neubauten
„Das Schlechteste zuerst“ warf Bildungssenator Henning Scherf am Mittwochabend seine rund 200 ZuhörerInnen und die Beiräte Walle und Gröpelingen ins kalte Wasser. „Wir werden hier im Westen keine neue Schule bauen.“ Dafür werde es kein Geld geben, enttäuschte Scherf die versammelten Eltern in der Schule am Pastorenweg.
Und dann kam Scherf zur Sache: Um die wachsende Schülerzahl in Walle und Gröpelingen künftig beschulen zu können, soll die Grundschule Fischerhuder Straße eine SekI-Schule werden. Die Kinder, die dort jetzt in die Klassen eins bis vier gehen, sollen auf die anderen Grundschulen umverteilt werden. Und auch an der Gesamtschule West sollen in Zukunft Primarknirpse unterrichtet werden. Die akute Raumnot an Primarschulen soll durch provisorische Mobilklassen gelindert werden. Kosten für die Umbau- und Renovierungsmaßnahmen in den nächsten vier Jahren: 15 Millionen Mark.
Die Feinarbeit übernahm Hermann Busse, beim Bildungssenator zuständig für Schulentwicklungsplanung. Busse legte der Versammlung neue Schülerprognosen vor. „Wir erwarten, daß es 1995 hier in Gröpelingen fünfzehn Klassen mehr geben wird, die wir unterbringen müssen, ohne auf einen Schulneubau zurückgreifen zu können.“ Dazu rechneten die Bildungsplaner noch einmal acht Klassen zusätzlich für Walle. Durchschnittliche Klassenfrequenz: 25 Kinder.
Diese Kinder werden alle durch Umverteilung an die bestehenden Grundschulen verwiesen. Für den SekI-Bereich gilt das gleiche. Die Behörde hat der überlasteten Schule an der Pestalozzistraße eine leichte Schrumpfung verordnet. Die überzähligen Schüler müssen jetzt natürlich auf die anderen Schulen verteilt werden. Busse sah darin überhaupt kein Probelm. Er hatte sich von allen Schulleitern die Zahl der Räume durchtelefonieren lassen, und eine einfache Rechnung aufgemacht. Derzeit gibt es einen Raumüberhang von 35. Da jede Klasse statistisch mit zwei Räumen gut bedient sei, ist die Unterbringung der neuen Klassen kein Problem. Vielmehr sei vielen Kinder dadurch geholfen, weil sie in Zukunft einen kürzeren Schulweg haben werden, meinte Busse. Denn durch die Umverteilung verlieren viele Schulen ihre Außenstellen. Bislang waren Lehrer und Schüler gezwungen, zwischen den Unterrichtsstunden zu wandern.
Dann kamen die Gegenfragen, vorgetragen von empörten Eltern, Schulleitern, Elternsprechern: Was wird aus den Sonderschülern, die derzeit von der Schule Vegesacker Straße in die Fischerhuder Straße gehen? Was wird dort aus der Integrationsarbeit? Was wird aus dem Förderprogramm, das der Senat für den Bremer Westen im Bereich Bildung entwickelt hat? Wo bleiben die versprochenen Kleinklassen mit Förderunterricht, wo die Stellenzuweisungen für ausländische Schüler, wie zuverlässig sind die Prognosen? Welche Schule bekommt wieviel Mobilklassen?
Scherf wollte „keine leeren Wahlversprechen geben“, eher „ein Verhandlungsangebot machen.“ Das „dezentrale Ausbaukonzept“, wie der Senator seinen Plan für den Bremer Westen nannte, müsse jetzt sorgfältig in den Ausschüssen geprüft werden, dann wolle man sich noch einmal mit den Beiräten treffen.
„Wir können ja damit leben, daß wir keine neue Schule bekommen“, erklärte eine Elternsprecherin, „aber daß wir heute die Schulen brauchen, die Franke damals geschlossen hat, das tut uns wirklich weh. Wir haben damals schon gesagt: Schließt nicht die Schleswiger Straße, nicht die Elisabethstraße, aber da hat niemand auf uns gehört.“ Sie sprach vielen Wallern und Gröpelingern aus dem Herzen. Markus Daschner
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