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Erleichterung in Israel über Landoffensive

Allerdings Furcht vor Scud-Raketen mit chemischen Sprengstoffen/ Ausgangssperre in den besetzten Gebieten  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

In Israel herrscht heute fast allgemeine Genugtuung über den Beginn der Landschlacht in Kuwait/Irak. Die vielen Menschenopfer dort beeindrucken das Bewußtsein der Leute hier nicht: Man will Saddam Hussein tot und den Irak total geschlagen sehen. Eine kleine Umfrage heute morgen auf dem Karmel- Markt von Tel Aviv ergab, daß unter den Verkäufern und Hausfrauen die Freude gemischt war mit Spannung und Angst vor den möglichen Gefahren, die eine Intensivierung des Krieges den Israelis bringt: Wenn der Irak nämlich Scud-Raketen mit chemischen Sprengköpfen auf israelisches Gebiet abfeuern würde.

Die Schulen, Banken usw. funktionieren zwar weiter im Rahmen der „Notstandsroutine“, die in den vergangenen Wochen aufrechterhalten wird, aber relativ wenig Schüler beteiligen sich am Unterricht. Die Straßen machten gestern wieder einen leereren Eindruck als in der letzten Zeit. Ab 6 Uhr abends bis Sonnenaufgang bleibt Tel Aviv sowieso auch weiterhin eine Geisterstadt. Gestern abend, ein paar Minuten vor Ablauf des amerikanischen Ultimatums, schlug die 37. Scud-Rakete seit Kriegsbeginn in Zentralisrael ein. Sie trug einen koventionellen Sprengkopf, es gab Sachschaden, Menschen wurden nicht verletzt. Der Irak — so der Militärsprecher Nachmann Schaj heute — hat weiterhin die Möglichkeit, Raketen auf Israel abzufeuern, weil es trotz der vielen Luftangriffe auf Abschußzentren im Westen des Iraks noch immer Rampen und Raketen gibt.

Außenminister David Levy hat seinem amerikanischen Kollegen Jim Baker zu dem Generalangriff gratuliert und die volle Unterstützung Israels für die amerikanische Politik und Offensive in Irak betont.

Auf die Frage, ob sich Israel direkt an den Kämpfen beteiligen werde, antworteten Sicherheitsminister Arens und Außenminister Levy ausweichend. Die letzten Entwicklungen im Krieg waren gestern auch Thema der Kabinettssitzung.

In den besetzten Gebieten wurde ab heute früh wieder totales Ausgehverbot verhängt (in der vergangenen Woche wurde der Ausnahmezustand tagsüber zum Teil aufgehoben, nachts blieb die Ausgangssperre in Kraft), und die besetzten Gebiete wurden als „militärisches Sperrgebiet“ erklärt. Die meisten Bewohner der besetzten Gebiete protestieren weiterhin heftig gegen die von den USA geführte Kriegsallianz, fühlen sich mit dem Volk des Iraks solidarisch und unterstützen jetzt vor allem die sowjetischen Waffenstillstandsinitiative. Die Ablehnung des amerikanischen Ultimatus durch den Irak wird von den Palästinensern als „Selbstverständlichkeit“ bezeichnet.

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