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Brandenburg wagt den Alleingang

■ Die neuen Bundesländer wollen dem ZDF-Staatsvertrag zustimmen/ Brandenburg strebt eine eigene Landesrundfunkanstalt an/ Kooperation mit dem WDR ist geplant

Berlin (dpa/taz) — Die neuen Bundesländer wollen dem ZDF- Staatsvertrag beitreten. Das teilte Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) nach einem vertraulichen Gespräch mit den fünf ostdeutschen Ministerpräsidenten mit. Einzelfragen seien bei dem Treffen nicht diskutiert worden.

Zu der angestrebten Zusammenarbeit der drei Bundesländer Berlin, Brandenburg und Mecklenburg- Vorpommern im Medienbereich sagte Diepgen, dabei gehe es sowohl um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als auch um die Vergabe von Frequenzen. Nach seiner Ansicht könnten in Schwerin, Brandenburg und Berlin Landesrundfunkhäuser eingerichtet werden. Diepgen befürwortete außerdem einen gemeinsamen Kabelrat der drei Länder.

Diepgen hatte sich am Sonntag mit Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) und dem Regierungschef von Mecklenburg- Vorpommern, Alfred Gomolka (CDU), darauf verständigt, von den drei Staatskanzleien bis Ende März eine vertragliche Regelung über eine Zusammenarbeit im Bereich der Medien vorbereiten zu lassen.

Unterdessen wird immer offensichtlicher, daß das Land Brandenburg eine eigene Landesrundfunkanstalt anstrebt. In einem Gespräch mit der 'Berliner Morgenpost‘ erklärte Manfred Stolpe, Ministerpräsident von Brandenburg, auf die Frage, wann eine Landesrundfunkanstalt Brandenburg komme, wörtlich: „Ich stehe dazu, daß eine Landesrundfunkanstalt Brandenburg geschaffen wird. Selbstverständlich muß sie nach Kooperationspartnern Ausschau halten. Es wird eine Form gefunden werden müssen, die die Kooperation am besten ermöglicht. Wie man das Modell nennt, muß man sehen. Ich denke aber, daß Rundfunkarbeit in Brandenburg nicht ohne enge Zusammenarbeit mit Berlin sinnvoll möglich ist.“

Ein internes Strategiepapier des Geschäftsführers der SPD-Fraktion in Brandenburg, Friedhelm Schmitz- Jersch, sieht eine Anstalt vor, die „allein mit den selbst erwirtschafteten Einnahmen den Programmauftrag erfüllen kann“. Einer solchen Anstalt stünden jährlich etwa 130 Millionen D-Mark an Einnahmen aus dem Rundfunkgebührenaufkommen zur Verfügung. Hinzu kämen noch die Werbeerträge. „Davon müßte ein Sender mit einem schmalen Apparat leben können.“ Zum Vergleich, Radio Bremen, das zu den nehmenden Anstalten gehört, verzeichnete im Jahre 1989 Erträge von etwa 130 Millionen D-Mark, darunter rund 42 Millionen aus Rundfunkgebühren und 41 Millionen aus dem Finanzausgleich der ARD.

Bezüglich des Dritten Fernsehprogramms und für Teile des Hörfunkprogramms sieht das Medienpapier eine Kooperation mit anderen Rundfunkanstalten vor, so soll „ein größerer Verbund, z.B. unter Einbeziehung des WDR, angestrebt werden.“

Die medienpolitischen Sprecher der brandenburgischen Regierungskoaltion , Wolfgang Birthler (SPD), Rainer Siebert (FDP) sowie Bernd Reuter (Bündnis 90) hatten sich bereits zuvor auf einen Anstaltverbund geeinigt, in dem die beteiligten Rundfunkanstalten auf der Grundlage fester und dauerhafter Kooperationsbeziehungen zusammenarbeiten.

Bleibt es bei dieser Haltung, dann wären die Pläne des SFB-Intendanten Günther von Lojewski, der sich für eine Vierländeranstalt und damit für einen Nordostdeutschen Rundfunk ausgesprochen hatte, gescheitert. In dem Strategierpapier heißt es gegenüber diesen Vorstellungen: „Eine Mehrländeranstalt wäre eine einheitliche juristische Person, mit einem von den Ländern gemeinsam beschickten Rundfunkrat und einem Intendanten; zusätzlich wären auf der Ebene darunter Rundfunkanstalten ausgeschlossen. Wegen der Lebensfähigkeit einer solchen Mehrländeranstalt muß der Staatsvertag für einen längeren Zeitraum abgeschlossen werden. Die Länder würden sich (...) mehr oder weniger aus der Rundfunkpolitik verabschieden.“

Abzuwarten bleibt, wie sich Mecklenburg entscheidet, das nach wie vor vom Norddeutschen Rundfunk hofiert wird. Vielleicht kommt es ja zu einer „Zweierehe“ zwischen Mecklenburg und Berlin.

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