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Studenten sollen tief in die Tasche greifen

■ Studentenwerk muß 3,5 Millionen Mark einsparen/ Mieterhöhungen und Verkauf von Wohnheimen geplant/ Kürzung der Sozialleistungen wird von den Studenten als »unzumutbar« zurückgewiesen

Charlottenburg. Große Verärgerung hat ein internes Papier des Studentenwerkes unter den Studenten hervorgerufen, in dem eine Reihe einschneidender Sparmaßnahmen aufgelistet werden. Es sind Mieterhöhungen von 25 bis 100 Prozent bei Neuabschluß von Mietverträgen geplant. Für ein neun Quadratmeter großes Zimmer im Studentenwohnheim in der Hardenbergstraße würden die Kosten von 113 Mark auf 212 Mark heraufschnellen. Ebenfalls erhöht werden sollen die Preise in den Mensen. Die Sozialbeiträge der Studenten für die Uni-Kasse steigen nach diesen Plänen um 50 Prozent. Für den Sozialfonds, mit dem Studierende, die in finanzielle Not geraten sind, unterstützt werden, ist eine Kürzung um 64 Prozent vorgesehen.

In dem fast 40 Seiten langen Papier, das vom Geschäftsführer des Studentenwerkes, Hans-Jürgen Fink, dem Vorstand vorgelegt wurde, wird an nahezu allen sozialen Leistungen für Studenten der Rotstift angesetzt. Der Grund für dieses Maßnahmenpaket ist die 11,5prozentige Finanzsperre für alle Verwaltungen in den Bereichen Sachmittel und Zuwendungen durch den Berliner Senat. Für das Studentenwerk, einem von der Wissenschaftsverwaltung bezuschußten Unternehmen, bedeutet das, seinen Haushalt in diesem Jahr um ungefähr 3,5 Millionen Mark zu reduzieren. »Das Studentenwerk mußte sich dazu Gedanken machen«, sagte Fink gegenüber der taz. Zu den konkreten Vorhaben will er sich gegenwärtig noch nicht äußern. Das Papier sei bisher nur ein Vorschlag, welche Einsparung wieviel bringen würde. Was tatsächlich beschlossen werde, so Fink, sei noch völlig offen.

Eingeschlossen in diese »Vorschläge« ist unter anderem der Verkauf von Wohnheimen, was die Wohnungsnot unter den Studenten noch weiter verschärfen würde. Schon jetzt stehen 4.000 Wohnungssuchende auf der Liste des Studentenwerkes. Um Personal einzusparen, wird die Schließung der Mensa Van't-Hoff-Straße erwogen, die mit einem Millionenaufwand renoviert worden ist. In der Mensa Hardenbergstraße ist die Einstellung des Abendbetriebes geplant. Auch die notwendige Renovierung einiger Wohnheime soll gestrichen werden.

Die studentischen Vertreter im Vorstand des Studentenwerkes halten das ganze Papier für »unzumutbar«. Es handle sich teilweise um die gleichen Vorschläge, die im letzten Herbst schon einmal auf dem Tisch lagen. Damals mußten sie nach Protesten der Studenten von der Wissenschaftssenatorin Barbara Riedmüller zurückgenommen werden. Die Studenten akzeptieren auf keinen Fall Kürzungen, die die ohnehin »schlechten Lebens- und Studienverhältnisse der Studenten noch weiter herunterschrauben«.

Konsens bestand im Vorstand darüber, daß der Sozialfonds mit gegenwärtig 1,7 Millionen Mark nicht angetastet werden darf. Fast ausschließlich werden mit diesem Fonds ausländische Studierende unterstützt. Kommenden Dienstag soll dazu im Vorstand des Studentenwerkes in einer öffentlichen Sitzung weiterverhandelt werden. anbau

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