piwik no script img

Springer staunt: Auch taz plant einen Tower!

■ An der Kreuzberger Kochstraße sind drei Hochhäuser geplant/ Neben der Wohnungsbaugesellschaft GSW und dem Axel Springer Verlag könnte sich bald auch ein 40 Meter hoher taz-Tower in die Höhe recken/ AL-Baustadträtin noch dagegen

Kreuzberg. Die Bauherren könnten unterschiedlicher nicht sein, doch alle drei denken an das gleiche: Hochhäuser an der Kreuzberger Kochstraße. Geht es nach der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GSW, dem konservativen Axel Springer Verlag und der taz, dann werden bald drei neue Bürotürme die Straße im alten Berliner Zeitungsviertel säumen.

Für das GSW-Projekt fiel am Montag eine wichtige Vorentscheidung. Nach einem von GSW und Senatsbauverwaltung ausgeschriebenen Bauwettbewerb sprach sich die Jury einstimmig für den Entwurf des Architekten Mathias Sauerbruch aus. Er plant eine 21stöckige Hochhausscheibe, die sich — konkav geschwungen — an den existierenden, 17geschossigen Turm der GSW- Hauptverwaltung zwischen Charlotten- und Markgrafenstraße anschließen soll. Die Baukosten für den 70-Meter-Turm schätzte GSW- Sprecher Bernhard Wolter Schäfers gestern auf 70 Millionen Mark. 1993 soll Baubeginn sein für das Gebäude, mit dem die Gesellschaft 15.000 Quadratmeter zusätzliche Geschoßfläche gewinnen will.

In ähnlichen Dimensionen plant Springer. An sein bekanntes Hochhaus, 19 Geschosse hoch, will der Konzern einen weiteren Hochhausflügel in gleicher Höhe anschließen. »So schnell wie möglich«, so Springer-Verwaltungsleiter Michael Holweg, solle Baubeginn sein. 60 Millionen Mark will der Verlag investieren, um etwa 500 Mitarbeiter besser unterzubringen und damit zusätzliche Verlagsaktivitäten in der Ex- DDR zu fördern.

Mit 12 Stockwerken, gut 40 Meter Höhe und Baukosten von etwa 12 Millionen Mark wäre der taz-Tower der Benjamin unter diesen Türmen — wenn er überhaupt realisiert wird. »Wir prüfen noch«, sagt taz-Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch. Als Bauplatz hat er ein landeseigenes Grundstück an der Koch-, Ecke Charlottenstraße ins Auge gefaßt, wenige Meter östlich vom jetzigen taz-Haus. Die Zeitung brauche Büroraum, argumentiert Ruch: »Soll die taz das alte Berliner Zeitungsviertel Springer überlassen?«

Wie bei derartigen Bauten üblich, müßten die Banken mit Krediten finanzieren. In der attraktiven Innenstadtlage, in die die Kreuzberger Kochstraße seit der Grenzöffnung gerückt ist, wäre das freilich kein Problem. Architekt Gerhard Spangenberg, der auch den Entwurf für einen Anbau lieferte, den die taz im Sommer beziehen wird, hat für den neuen Turm bisher nur eine Baumassenstudie vorgelegt. Um der traditionellen Berliner Traufhöhe von 22 Metern seinen Tribut zu zollen, würde Spangenberg die fünf oberen Geschosse transparent gestalten: Die Wände würden »verglast oder verspiegelt«, sagt der Architekt. [Grüße von der Glaserinnung! d. säzzer]

Neben den Banken müssen auch die Behörden zustimmen. Nach den geltenden Bebauungsplänen wäre nur das neue Springer-Hochhaus ohne weiteres genehmigungsfähig. Bei allen anderen Vorhaben wären »politische Entscheidungen« nötig, weil erlaubte Baumasse deutlich überschritten würde, heißt es im Kreuzberger Stadtplanungsamt.

Während Bezirksbürgermeister Günter König (SPD) als Jury-Mitglied bereits ein Votum für das GSW- Projekt abgab, ist Baustadträtin Erika Romberg (AL) gegen die sich abzeichnende »Inflation von Hochhäusern«. Sie fühlt sich wohler, wenn das »historisch gewachsene Stadtbild« mit der Berliner Traufhöhe erhalten bleibt. Die Baustadträtin erwartet in den nächsten Wochen eine »ausgesprochen ideologische Auseinandersetzung«.

Widerspruch findet Rombergs Plädoyer für das alte Stadtbild nicht nur in der Kreuzberger SPD, sondern auch bei den Investoren selbst. GSW-Sprecher Wolter-Schäfers zeigt aus seinem Fenster im zehnten Stock: Von dort sieht man nicht nur das Springer-Hochhaus, sondern auch eine ganze Kette blau-weißer Wohnhochhäusern entlang der Leipziger Straße. Hans-Martin Tillack

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen