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Guillermo Ungo ist tot

■ Ein Sozialdemokrat und Revolutionär in El Salvador

Managua (taz) — Der Tod erwischte den Sechzigjährigen mitten im Wahlkampf, kaum zehn Tage vor den Parlamentswahlen in El Salvador, von denen sich Guillermo Ungo einen Sieg der Reformkräfte versprochen hatte. Er war einer der Großen, einer der dreißig Jahre lang die Geschichte seines Landes mitgeschrieben hat — fast ausschließlich in der Opposition. Guillermo Ungo, ein Mann von kleiner Statur mit heiserer Stimme, war kein Caudillo. Er war ein Kämpfer, dessen Stärke nicht die effektvollen öffentlichen Auftritte waren, sondern die schlagkräftigen Argumente und die oft witzigen Parabeln. Ein brillanter Intellektueller, Rechtsanwalt, Druckereiunternehmer und Vizepräsident der Sozialistischen Internationale. Einer der wenigen lateinamerikanischen Sozialdemokraten, der nicht am Rockzipfel von Felipe Gonzalez und Carlos Andres Perez hing. Ja, Ungo war, was man von wenigen Sozialdemokraten sagen kann, ein echter Revolutionär. Seine Prinzipientreue brachte ihm mehrmals den Verlust der Macht, Exil und Lebensgefahr. Die kugelsichere Weste, die er zu tragen pflegte, war keine Show.

Guillermo Manuel Ungo, der am 28. Februar in Mexiko nach einem Hirnschlag an Herzversagen starb, wurde international bekannt, als er im Oktober 1979 in die fünfköpfige revolutionäre Junta berufen wurde. Das Kollektiv aus drei Zivilisten und zwei Militärs leitete nach dem Staatsstreich gegen den Diktator General Romero eine Phase antioligarchischer Reformen ein. Doch bald setzten sich die rechten Kräfte durch, und die blinde Schießwut, mit der die Armee den Massendemonstrationen begegnete, machte die Regierung unglaubwürdig. Ungo trat unter Protest zurück. Seine Partei, die „Demokratisch-Nationale Bewegung“ (MNR), gründete im April 1980 gemeinsam mit den revolutionären Volksbewegungen die „Demokratisch-Revolutionäre Front“ (FDR). Diese ging mit der sechs Monate später gegründeten Guerillafront FMLN eine Allianz ein. Als FDR-Präsident Enrique Alvarez und fünf weitere Führungsmitglieder im November 1980 von Todesschwadronen ermordet wurden, gingen die verbleibenden Führer entweder an die Kriegsfront oder ins Exil. Guillermo Ungo, dessen Druckerei bei einem Attentat in Flammen aufging, wurde FDR- Präsident. In dieser Eigenschaft leitete er die erfolglosen Dialogrunden 1984 und 1987 mit der Regierung Duartes. Der Christdemokrat Duarte war vom Verbündeten zum Gegener geworden. 1972 waren Duarte und Ungo gemeinsam mit der marxistischen UDN gegen die Kandidaten der Oligarchie angetreten. Sie gewannen zwar die Wahlen, aber nicht die Auszählung, die von den Militärs manipuliert wurde. Angesichts dieser gemeinsamen Vergangenheit konnte es Ungo Duarte nie verzeihen, daß er sich für den Pakt mit den Militärs und den USA hergab.

Während der politischen Öffnung kehrte Guillermo Ungo aus dem Exil zurück. Gemeinsam mit der kleinen Sozialdemokratischen Partei (PSD) gründeten sie die Demokratische Konvergenz, als deren Kandidat sich Ungo im März 1989 um die Präsidentschaft bewarb. Infolge der anhaltenden Repression und eines bewaffneten Wahlboykotts der FMLN verfehlte die „Convergencia“ ihr Ziel, zur drittstärksten legalen Kraft zu werden. Die FMLN war anfangs gegen die Rückkehr der Politiker. Doch die politischen Freiräume, die sich Ungo und Zamora in der Legalität erkämpft haben, gaben ihnen recht. Das wird heute auch von Guerillaführern anerkannt.

Dennoch ist die legale Arbeit lebensgefährlich. Hector Oqueli, der zweite Mann der MNR, wurde im Januar des Vorjahres in Guatemala verschleppt und ermordet. Die Spuren der Täter führen nach El Salvador. Seither ging es mit der Partei bergab. Durch den Tod Ungos ist die MNR gänzlich verwaist. Guillermo Ungo, der sich um ein Abgeordnetenmandat beworben hatte, wird im künftigen Parlament, das demokratische Reformen einleiten soll, schmerzlich fehlen. Ralf Leonhard

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