Cholera-Epidemie in Sambia außer Kontrolle

Fast 600 Tote und über 6.000 Erkrankte/ Sozialdienst völlig zusammengebrochen/ Unzureichende hygienische Verhältnisse  ■ Von Willi Germund

Johannesburg (taz) — In Sambia ist eine Cholera-Epidemie außer Kontrolle geraten und breitet sich aus wie ein Lauffeuer. Ein Mitglied des Roten Kreuzes erklärte in der Hauptstadt Lusaka: „Uns wird von immer mehr Todesfällen berichtet. Die Krankheit kann bisher nicht gebremst werden.“ Bisher wurden 588 Tote in sieben der neun Provinzen des Landes gemeldet. Insgesamt sind 6.487 Menschen an Cholera erkrankt, seit die Epidemie vor vier Monaten ausbrach.

Der Funktionär des Roten Kreuzes übte heftige Kritik an der Regierung: „Es handelt sich um grobe Vernachlässigung von vielen Stellen, die ihre Arbeit nicht erledigt haben. Cholera kann verhindert werden, wenn vorgebeugt wird.“ Allerdings fehlen Sambia wie auch anderen Staaten der dritten Welt wegen massiver Auslandsverschuldung und von internationalen Geldgebern erzwungenen Sparmaßnahmen die nötigen Mittel in sozialen Bereichen.

In Sambia sterben 14 Prozent der Cholera-Patienten. Damit steht das Land weltweit an erster Stelle. In vielen Regionen des Landes fehlen die notwendigen Medikamente und Krankenhausbetten. Zahlreiche Kliniken sind so überlastet, daß die Patienten ohne Matratzen und Decken in den Fluren schlafen müssen. Auch Ärzte gibt es nicht genug, weil sie in den Nachbarländern mehr verdienen und abwandern.

Vor einem Jahr gab es eine Epidemie, bei der 200 Menschen ums Leben kamen. Einer der Hauptschuldigen soll das Gesundheitsministerium sein. Der Sozialdienst der Behörde ist völlig zusammengebrochen. Die Folge: mangelnde Hygiene und mangelnde Wasserversorgung in Teilen der Hauptstadt.

Am schlimmsten wütet die Cholera-Epidemie zur Zeit in den Slums von Lusaka. Dort sollen alleine 5.000 Menschen erkrankt sein. Viele Bewohner haben ihre Toiletten in unmittelbarer Nähe von Wasserbrunnen errichtet. Der Cholera-Erreger gelangt vor allem durch verunreinigtes Trinkwasser und Lebensmittel in den Körper.

Das Rote Kreuz von Sambia hat mittlerweile um ausländische Unterstützung gebeten. Aus Großbritannien kommen erste Hilfslieferungen. Das Internationale Rote Kreuz (IKRK) in Genf, das einen Vertreter in den afrikanischen Staat geschickt hat, bat auch andere Länder um Unterstützung. Doch selbst solche Hilfe kann ein Problem nicht lösen: „Wir wissen nicht, wie wir die Mittel in die Behandlungszentren in den verschiedenen Landesteilen bringen sollen,“ erklärte der Schweizer Vertreter des IKRK.