: De Maizière wehrt sich
■ CDU-Vize will Stasi-Debatte beenden/ Historiker Wolle: Ergebnisse der Aktensichtung unabhängig bewerten
Potsdam (dpa/taz) — Lothar de Maizière will die andauernde Debatte um seine Stasi-Kontakte beenden. „Ich habe nie bestritten, in meiner beruflichen Tätigkeit als Anwalt mit dem MfS zu tun gehabt zu haben, doch nie zum Nachteil anderer“, erklärte er auf einer CDU-Pressekonferenz in Potsdam. Der Abschlußbericht des Innenministeriums bestätige aber, daß keine „unehrenhafte Tätigkeit“ nachweisbar sei.
Der SPD-Vorsitzende Vogel forderte, die aus der Behörde durch den Ostberliner Historiker Stefan Wolle bekannt gewordenen Vorwürfe sollten „von den zuständigen Gremien des Bundestages“ geklärt werden. Der als Mitarbeiter bei Gauck angestellte Historiker hatte erklärt, der fünfseitige Abschlußbericht Schäubles entspreche nicht dem in der Behörde zusammengetragenen Material. Wolle war daraufhin am Freitag fristlos gekündigt worden.
In seinem abschließenden Bericht hatte das Innenministerium geschrieben: „Es überwiegt der Eindruck“, daß de Maizière und der Stasi-IM „Czerni“ identisch sind. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, daß de Maizière „nicht wußte, daß er als informeller Mitarbeiter geführt wurde“. Diese Schlußfolgerung ist offenkundig in dem Bericht, den die Gauck-Behörde an das Innenministerium geliefert hatte, so nicht enthalten. Dort wäre ein IM nicht als informeller, sondern korrekt als „inoffizieller Mitarbeiter“ bezeichnet worden. Nach allen Aussagen früherer Stasi-Führungsoffiziere kann auch ausgeschlossen werden, daß jemand in den Akten der Stasi als IM geführt wurde und davon nichts wußte. In Stasi-Kreisen als ganz unglaubwürdig gilt auch die Behauptung de Maizières, er habe seine Decknamen nicht gekannt. Allgemein gängige Praxis war demgegenüber, daß bei mündlichen Verpflichtungen der neue IM gefragt wurde, ob er den vorgeschlagenen Decknamen annehme oder ob er einen anderen Vorschlag habe. Diese Praxis könnte im Falle des Hobby-Bratschisten de Maizière erklären, warum sich in den Akten falsche, rein phonetische Schreibweisen („Czerni“, „Czeani“) finden, der österreichische Komponist Czerny ist nur in Musikerkreisen bekannt.
Wolle gestern zur taz: „Ich habe alles gesagt. Es muß jetzt von zuständiger Seite überprüft werden, was in der Gauck-Behörde an Material über de Maizière gefunden worden ist, und dann werden die Resultate für sich sprechen. Ich meine, daß sie für mich sprechen.“ K.W.
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