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Kein Anlaß zur Euphorie

■ Unterschiedliche Reaktionen auf Ministerpräsidentenbeschluß/ Brandenburgs Kultusminister für Mehrländeranstalt/ Entgültige Entscheidung steht noch aus

Berlin (dpa/ap) — Der deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat bedauert, daß die jüngste Konferenz der Ministerpräsidenten in Bonn wieder nicht zu konkreten medienpolitischen Entscheidungen geführt hat. Die finanziellen Probleme der neuen Bundesländer hätten die Diskussion über die Rundfunkneuordnung „bei weitem überlagert“, kritisierte DJV-Vorsitzender Hermann Meyn in Bonn. Notwendige politische Weichenstellungen verzögerten sich dadurch erheblich.

Die Ministerpräsidenten aller Bundesländer hatten sich auf ihrer Konferenz am Donnerstag in Bonn darauf geeinigt, den überregionalen Deutschlandfunk, den Berliner Sender Rias und den ehemaligen Staatsrundfunk der DDR, heute Deutschlandsender Kultur, unter die Verantwortung der Länder zu nehmen. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen, sagte unklar sei jedoch, ob dies unter dem Dach des Zweiten Deutschen Fernsehens geschehen solle.

Der Medienbeauftragte der FDP, Gerhart Baum, begrüßte den Grundsatzbeschluß. Baum sprach sich zugleich gegen Überlegungen aus, die neue Anstalt dem ZDF zuzuordnen. Das ZDF sollte auf Fernsehen beschränkt bleiben. Ferner werde sich die FDP für eine Teilprivatisierung des Rias-Hörfunkprogramms einsetzen.

Verhaltenes Echo hat die Entscheidung der Ministerpräsidenten, beim Deutschlandsender Kultur im Funkhaus Berlin hervorgerufen. „Der Tendenzbeschluß ist für uns kein Anlaß zu Euphorie“, erklärte Chefredakteurin Monika Künzel. Der Beschluß eröffne jedoch günstige Möglichkeiten, „dieses Hörfunkprogramm mit seiner großen Akzeptanz bei unseren Hörern auch künftig weiterzuführen“. Jetzt müsse es darum gehen, möglichst schnell über Strukturen, Inhalte und rechtliche Anbindung zu entscheiden. „Es wäre aus meiner Sicht wünschenswert, daß darüber umgehend Gespräche zwischen den Programmachern von DLF, Rias und Deutschlandsender-Kultur als gleichberechtigten und kompetenten Partner beginnen“, hieß es weiter.

Auch die Entscheidung über die Bildung einer starken öffentlich- rechtlichen Mehrländerrundfunkanstalt in Ostdeutschland ist nach wie vor offen. So ist in Brandenburg noch nichts entschieden. In der gemeinsamen Landesregierung aus SPD, FDP und Bündnis 90 gehen die Meinungen weit auseinander. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Stolpe neigt zu einer Dreiländeranstalt, seine Partei hingegen bevorzugt einen eigenen Landessender. Das Bündnis 90 strebt nach einer gleichberechtigten Zusammenarbeit mehrerer Landessender. Die FDP hält einen eigenen Landessender für nicht überlebensfähig. Am liebsten wäre dem liberalen Kulturminister Hinrich Enderlein eine Vierländeranstalt, zusammen mit Sachsen-Anhalt.

Enderlein geht es nicht nur um die Rundfunkanstalten, sondern auch um die Zukunft der Potsdamer Defa- Studios. Nach einem Gespräch mit Vertretern von Film, Fernsehen, Politik und Treuhandanstalt sieht er für die Spielfilmproduktionsstätte der ehemaligen DDR eine Chance, wenn sie sich stärker der Fernsehproduktion widmete. Die Gründung einer starken Mehrländeranstalt für Brandenburg sei daher „der einzig sinnvolle medienpolitische Weg“, um der Defa das Überleben zu sichern.

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