: Startbahn-Prozeß: Freispruch verlangt
Plädoyers der Verteidigung von Frank Hoffmann/ Eichler wies erneut BAW-Vorwürfe zurück, er habe geschossen ■ Von Michael Blum
Frankfurt/Main (taz) — Im Startbahn-Prozeß um die Polizistenmorde an der Startbahn West am 2.November 1987 haben gestern vor dem 5. Strafsenat am Oberlandesgericht Frankfurt auch die Verteidiger von Frank Hoffmann den Mordvorwurf zurückgewiesen. Rechtsanwalt Jürgen Borowski erklärte, belastende Aussagen eines umstrittenen Zeugen, nach denen Hoffmann eingestanden habe, geschossen zu haben, seien von der Polizei erpreßt und später auch als falsch widerrufen worden. Der Angeklagte Andreas Eichler hingegen habe Hoffmann gezielt belastet, um sich selbst zu entlasten. Eichler hatte angegeben, Hoffmann habe ihm auf dem Rückweg von der Startbahn West die Tatwaffe in seinen Rucksack gesteckt. Als glaubwürdig hingegen bezeichnete Rechtsanwalt Stephan Baier überraschend nach zweijähriger Verfahrensdauer aufgetauchte Entlastungszeugen. Ein Zeuge hatte ausgesagt, den ganzen Abend mit Hoffmann an der Startbahn zusammengewesen zu sein. Hoffmann habe sich nicht an Ausschreitungen beteiligt. Ein anderer Zeuge hatte angegeben, bei dem Schützen habe es sich eher um Eichler gehandelt. Rechtsanwalt Baier: „Das Festhalten an der Version, Hoffmann habe geschossen, ist Anstiftung zum Justizirrtum.“
In ihren Plädoyers wiesen Hoffmanns Verteidiger auch die BAW- Darstellung zurück, nach der ihr Mandant „Mitglied in einer terroristischen Vereinigung“ (129a StGB) war. Hoffmann sei lediglich der Beteiligung „des einen oder anderen Mastanschlags in 1986“ überführt. Baier appellierte an die Staatsschutzrichter, in diesem Anklagepunkt ein Urteil zu fällen, daß es „Hoffmann ermöglicht, als freier Mann den Gerichtssaal zu verlassen“. Eingeräumt wurde hingegen der Vorwurf der Hehlerei: Hoffmann soll die Tatwaffe, die bei einer Demonstration 1986 einem Zivilfahnder abgenommen wurde, nach dem Raub zur kurzzeitigen Aufbewahrung erhalten haben. In der Flucht Hoffmanns nach Holland wollten die Verteidiger im Gegensatz zu Eichlers Anwälten kein Schuldeingeständnis erkennen: Hoffmann sei zwar wegen der Mastanschläge geflohen, nicht aber wegen des Mordvorwurfs. Auch sein Schweigen im Prozeß sei ein Recht des Angeklagten und kein „schweigendes Geständnis“. Während Hoffmann von seinem Recht auf „das letzte Wort“ keinen Gebrauch machte, wies Eichler die BAW-Vorwürfe erneut zurück: „Ich habe nicht geschossen.“ Auch am Waffenraub sei er nicht beteiligt gewesen. Er lasse sich nicht instrumentalisieren— weder von der Startbahnbewegung als „Verräter“, noch von der BAW als Stütze ihres „Anklagekonstrukts“. Der Senat kündigte sein Urteil für den 15. März an.
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