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AOK kann die Zukunft nicht gewinnen

■ Bürokratische Hürden verhindern reibungslose Betreuung der Versicherten im Ostteil/ Finanzielle Defizite wachsen

Berlin. Eine erste Haushaltsbilanz der Allgemeinen Ortskrankenkasse in Ost-Berlin kann AOK-Geschäftsführer Herwig Schirmer nach nur zwei Monaten noch nicht ziehen. Doch eines ist ihm auch jetzt schon klar: »Mit den Regelungen des Einigungsvertrages zu Krankenkassen werden wir die Zukunft nicht gewinnen.«

Im Laufe des Jahres hat die AOK mittlerweile in allen elf Ostberliner Bezirken Geschäftsstellen eingerichtet. Rund 1.000 neue Mitarbeiter sind zur Zeit für die Betreuung der Versicherten dort tätig. 450 Mitarbeiter, teilte die AOK gestern mit, wurden von der Sozialversicherung der DDR übernommen, von den rund 550 Neueinstellungen wurden 400 Mitarbeiter — überwiegend aus dem Gebiet der ehemaligen DDR — durch Umschulungen auf ihre Arbeit vorbereitet. Eine davon ist Dagmar Drechsel, mittlerweile Leiterin einer Sachbearbeiterinnengruppe. Ein großes Problem sei es, so erzählt sie, daß die meisten der Versicherten ihre Beiträge noch bar bezahlen. »Ein ungeheurer bürokratischer Aufwand, Überweisungen sind zur Zeit aber noch kaum möglich.« Darüber hinaus hätten viele Betriebe Probleme mit dem Schriftverkehr — sei es, daß sie Verdienstbescheinigungen falsch ausfüllen, oder aber die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ihrer krankgemeldeten Angestellten nicht einreichen. »Da kann es passieren, daß die Leute vier bis fünf Wochen auf ihr Krankengeld warten müssen.« Auch Fehlleitungen von Beiträgen — oft landen die Gelder beim Finanzamt statt bei der Kasse — gefährden die Zahlungsfähigkeit der AOK.

Sowieso kann die AOK, bedingt durch die niedrigen Löhne im Osten, auf der Einnahmeseite nicht gerade mit Pfunden wuchten. Die Ausgaben in Ost und West jedoch nähern sich immer mehr an. Also müssen die Defizite ausgeglichen werden — doch woher die Gelder kommen sollen, darauf hat auch der Einigungsvertrag keine Antwort parat. Eine Erhöhung der Beitragssätze — im Osten zur Zeit bei 12,8 Prozent — will Ingrid Stahmer, als Sozialsenatorin für die Krankenversicherungen zuständig, auf jeden Fall verhindern. Doch schon jetzt sei klar, so Stahmer gestern gegenüber der taz, daß zusätzliche Mittel für die Kassen fließen müssen. Ein entsprechender Antrag läge bereits in Bonn — Reaktionen stünden jedoch noch aus. maz

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