KOMMENTARE: Friedensgerede
■ Bush verschweigt's dem Kongreß: Frieden schaffen mit immer mehr Waffen
Eine Welle des Patriotismus, sicher auch der Erleichterung über das glimpfliche Ende des Gemetzels für die beteiligten Amerikaner, schwappt über die Vereinigten Staaten. „Der Krieg ist vorbei“, deklarierte Bush, was in bezug auf die USA sicher stimmt. Der Nahe Osten hingegen verharrt im Schwebezustand zwischen Krieg und Frieden, wie schon vor dem Waffengang am Golf. Zwei Gründe für diesen Zustand hat Bush angesprochen — den nun schon jahrzehntealten israelisch-arabischen Konflikt und die massive Hochrüstung der meist von Despoten befehligten Armeen der Region.
Was den Konflikt um Palästina angeht, versucht Bush die Erwartungen an die amerikanische Rolle bei seiner Beilegung zu dämpfen. Er fordert Kompromißbereitschaft von Israel und von den Palästinensern ein Vertrauen in die Diplomatie. Nichts deutet darauf hin, daß die Vereinigten Staaten mehr sein werden als „unermüdlicher Katalysator für positiven Wandel“ — so die Worte Bushs. Die Resolutionen 242 und 338, deren Umsetzung er einklagte, sind allenfalls Erinnerungen an die Machtlosigkeit der UNO auf vergilbendem Papier. Das Prinzip „Land gegen Frieden“, das Bush als Grundlage einer Nahost-Regelung nannte, ist nicht nur vage, sondern auch inakzeptabel für Israel, wie Außenminister David Levy augenblicklich versichert.
Israel möchte mit den arabischen Nachbarstaaten in Verhandlungen über eine Begrenzung des Rüstungswettlaufs treten. Damit würden letztere zum einen dem jüdischen Staat die seit langem geforderte diplomatische Anerkennung aussprechen müssen, zum anderen wäre Palästina eben kein Thema. Solche Verhandlungen erscheinen um so notwendiger, wenn man die Pläne Bushs und Bakers kennt, ihre arabischen Bündnispartner mit massiven Waffenlieferungen für ihre treue Mithilfe bei der Zerstörung des Iraks zu belohnen. Es wäre tragisch, sagte Bush vor dem Kongreß, wenn ein neuer Rüstungswettlauf im Nahen Osten beginnen würde.
Ein Hohn: Erst vor kurzem hatte Bush den Parlamentariern einen Vorschlag zugeleitet, für 18 Milliarden Dollar Waffen in den arabischen Raum zu verkaufen. Neben der Türkei, Bahrein und den Vereinigten Arabischen Emiraten soll Ägypten, so wurde vergangene Woche bekannt, Flugzeuge, Raketen und Bomben für 1,6 Milliarden Dollar erhalten, Saudi-Arabien gar Kriegsgerät für 10 Milliarden Dollar. Diese Pläne erwähnte Bush mit keinem Wort. Der Jubel wäre dem Kongreß womöglich im Halse steckengeblieben. Stefan Schaaf
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