: GEW mit Kampfgeist gegen Ost-Misere
■ Erster gesamtdeutscher Kongreß geprägt von den düsteren Aussichten in den neuen Ländern
Frankfurt (dpa) — Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat dem geplanten Stellenabbau in Kindergärten, Schulen und Universitäten der Ex-DDR den Kampf angesagt. Einer solchen Entwicklung würden sich die Gewerkschafter „mit allen gewerkschaftlichen Mitteln“ widersetzen, warnte Bundesvorsitzender Wunder beim ersten gesamtdeutschen Kongreß am Samstag.
Den Tarifabschluß für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, der das Einkommen in den Ostländern zum 1. Juli auf 60 Prozent des Westniveaus anhebt, wertete Wunder als ersten Erfolg. Die öffentlichen Arbeitgeber dürften die Einkommensverbesserung jedoch nicht mit einem massiven Stellenabbau unterlaufen. In einem Dringlichkeitsbeschluß warnten die etwa 600 Delegierten, darunter mehr als 200 aus den fünf neuen Bundesländern, die ostdeutschen Landesregierungen vor „Massenkündigungen“ von Lehrern und Kindergärtnerinnen. Die Bildungsgewerkschaft, die 190.000 Mitglieder im Westen und 140.000 im Osten Deutschlands hat, richtet sich aber auf eine größere Zahl arbeitsloser Pädagogen ein.
Zur besseren Betreuung beschäftigungsloser Gewerkschaftsmitglieder beschloß der Kongreß neue Arbeitslosensekretariate in den Landesverbänden und größeren Städten. An den DGB wird appelliert, seine „bisherige vorsichtige und eher abwehrende Haltung im Umgang mit arbeitslosen Mitgliedern und Arbeitsloseninitiativen aufzugeben“ und sie stattdessen „massiv“ zu unterstützen.
In einer Resolution zum Golfkrieg forderten die Delegierten eine bessere Friedenserziehung. Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollten umgehend ihre Zusammenarbeit mit der Rüstungsindustrie stoppen, heißt es zudem in dem Text der Abschlußresolution.
Die Debatte war an beiden Tagen weitgehend von der Sorge der Ostpädagogen über eine drohende Bildungsmisere und ihre berufliche Zukunft geprägt. Mit der Existenzangst im Nacken könne keiner mehr ein guter Lehrer sein, meinte eine GEW- Mitglied aus dem Osten. Für Unruhe bei den ostdeutschen Pädagogen sorgt zum Beispiel eine Fragebogenaktion der östlichen Landesregierungen. Dabei müssen alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auch Auskunft über ihre politische Vergangenheit geben. Von den Westkollegen erwarteten die Ostdelegierten konkrete Unterstützung ihrer Interessen und „massive Aktionen“.
Drei Ostvertreter wurden in den geschäftsführenden Hauptvorstand der Gewerkschaft gewählt: Die 37jährige Lehrerin Bianka Tiedtke als zusätzliche stellvertretende Vorsitzende, Rita Mittendorf und Bärbel Kraus als Beisitzerinnen.
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