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Das ewige israelische Wiederholungsspiel

Die Regierung in Jerusalem baut nach wie vor auf die Schaffung von Tatsachen und spielt auf Zeit, um den Status quo in den besetzten Gebieten aufrechtzuerhalten/ Palästinenser brauchen die USA für eine Veränderung  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Jizchak Schamir, Israels Ministerpräsident, wird James Baker „mit offenen Armen und geballten Fäusten begrüßen“, prognostizierte gestern der bekannte Publizist Nachum Barnea in der Zeitung 'Jediot Ahronot‘. Und der Vorsitzende der Arbeiterpartei, Oppositionsführer Schimon Peres, erklärte im Vorfeld des Besuchs aus Washington, Schamir und seine Regierung verfolgen das Ziel, auf der Stelle zu treten und jedwede Lösung des israelisch-arabischen Problems für weitere zwei, drei Jahre aufzuschieben. Das bedeute eine Vertagung auf die Zeit nach den nächsten Wahlen in den Vereinigten Staaten und Israel, dann könne man erneut eine Friedensinitiative lancieren...

Baker wird sich in Israel also mit dem ewigen Wiederholungsspiel konfrontiert sehen, eine Konstante israelischer Regierungspolitik, die darauf abzielt, den Status quo und damit die Besatzung aufrechtzuerhalten. Angesichts der steigenden Zahl der Siedler soll die Forderung nach einem israelischen Rückzug aus der Westbank und dem Gaza-Streifen als immer schwerer durchsetzbar erscheinen. Aber können sich die USA damit begnügen? Wahrscheinlich nicht. Deshalb werden in Jerusalem verschiedene Auswege gehandelt, die den Anschein der Änderung bieten, tatsächlich aber alles beim alten lassen.

Da gibt es zum Beispiel den sogenannten Autonomieplan, der eine lokale Selbstverwaltung der Palästinenser unter andauernder Besatzung vorsieht. Er entspricht ungefähr dem Camp-David-Abkommen von vor dreizehn Jahren.

Mit welchen Palästinensern das ausgehandelt werden soll, will die israelische Regierung selbst bestimmen: Infrage kommen nur Personen, die in der Westbank oder dem Gaza- Streifen leben, also keine Palästinenser aus Ostjerusalem oder der Diaspora, und auch das nur dann, wenn die Behörden „nichts gegen sie haben“. Das ist die Ausgangsposition Schamirs, und wenn man auch zu einigen Konzessionen bereit ist, so soll grundsätzlich daran festgehalten werden.

Ähnlich wie im Nord-Sinai bereiten sich die Siedler auch jetzt wieder auf den Widerstand gegen mögliche Rückzugsszenarien vor. Die Falken fordern Schamir auf, keinerlei Konzessionen zu machen: Nur wenn Israel Widerstand leistet und die besetzten Gebiete inclusive der annektierten Golan-Höhen behält, könne die Zukunft gesichert werden.

Mit dem Anwachsen des Fanatismus unter den Siedlern wird auch der Konflikt mit der linken Opposition in den nächsten Monaten härter werden. Der Zusammenstoß zwischen „patriotischen“ Siedlern und „landesverräterischen“ Peaceniks deutet sich nach den Wochen des nationalen Konsenses während des Golfkrieges bereits an.

Gleichzeitig treten auch unter den Palästinensern Differenzen und Spaltungen deutlicher zutage. So wie es unter den israelischen Juden einflußreiche Kräfte gibt, für die nur die Sprache der Waffen gilt, so gibt es auch unter den Palästinensern Gruppen, die nur die Sprache der Gewalt anerkennen: beispielsweise der Mörder von Kiriat Jovel, der am Sonntag vier jüdische Frauen tötete, und der angeblich der fundamentalistischen Hamas-Bewegung nahestehen soll. Auch die sechs arabischen Infiltranten, die gestern früh im nördlichen Jordan-Tal von israelischen Soldaten erschossen wurden, sollen Mitglieder einer fundamentalistischen Organsiation gewesen sein.

Der Mord vom Sonntag wurde von Faisal Husseini und anderen palästinensischen Persönlichkeiten scharf verurteilt. „Er spielt lediglich Extremisten auf beiden Seiten in die Hände, die den Frieden vermeiden wollen“, erklärte Hanna Siniora, der Chefredakteur von 'Al Fajr‘, in Ostjerusalem. Siniora und Husseini gehören zu denjenigen, die bereit sind, mit James Baker zu sprechen, „weil jede Gelegenheit für diplomatische Schritte zur Förderung des Friedens genutzt werden muß“, so ein weiterer Palästinenserführer, der gegenwärtig in Administrativhaft sitzt.

Auch Palästinenser in den besetzten Gebieten bestätigen unterdessen, daß es eine Führungskrise in der PLO gibt und die Politik der Organisation umstritten ist.

Gleichzeitig gibt es unter der Mehrheit der Palästinenser und ihrer lokalen Führung in den besetzten Gebieten jedoch keinen Zweifel daran, daß die PLO die einzige legitime Führung des palästinensischen Volkes ist und als solche auch weiterhin anerkannt wird. „Weder die Amerikaner noch die Israelis können bestimmen, wer unsere Führer sein sollen“, meinte ein Jerusalemer Politologie-Professor.

Die pragmatischsten unter den Führungspersönlichkeiten in den besetzten Gebieten sind sich darüber im klaren, daß in der gegenwärtigen Phase keine großartigen Ergebnisse erwartet werden können, vor allem weil die Schamir-Regierung allen wirklichen Lösungsmöglichkeiten des Konflikts aus dem Wege gehen will.

Von dieser Regierung des Immobilismus können die Palästinenser nichts erwarten, es sei denn, Washington besteht wirklich auf einer Entscheidung.

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