„Kein Durchbruch“ im Nahen Osten

■ US-Außenminister beendet diplomatische Tour in Damaskus/ Bush trifft westliche Alliierte Mitterrand und Major in der Karibik/ Israels Außenminister wirbt in Bonn für sein Friedenskonzept

Damaskus/Martinique/Bonn (ap/ dpa) — Die Bemühungen um eine umfassende Friedensregelung für den Nahen Osten stehen weiter im Mittelpunkt weltweiter diplomatischer Aktivitäten. US-Präsident George Bush sprach mit dem französischen Staatspräsidenten Francois Mitterrand auf der Karibikinsel Martinique über die Rolle, die die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) nach Meinung Frankreichs im künftigen Friedensprozeß spielen soll. Außenminister James Baker beendete am Donnerstag seine fünftägige Rundreise durch den Nahen Osten und begab sich nach Moskau.

Präsident Bush flog gestern nach Abschluß seines Besuchs in Kanada zur Karibikinsel Martinique. Anschließend wird auf den Bermudas noch eine Unterredung mit dem britischen Premierminister John Major stattfinden. Auf einer Pressekonferenz in Ottawa äußerte sich Bush zurückhaltend über den kanadischen Vorschlag einer internationalen Konferenz über das Problem der Waffenlieferungen in den Nahen Osten. Eine Begrenzung der Verbreitung sei zwar wünschenswert, die USA würden aber auch aus Gründen des Gleichgewichts nicht „jegliche Lieferung an jedermann“ verweigern. Demgegenüber kritisierte Mulroney, daß es sich bei den fünf wichtigsten Waffenlieferanten um die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates der UNO handele. „Das macht nicht viel Sinn“, sagte Mulroney.

Unterschiede zeigten Bush und Mulroney auch bei der Bewertung der künftigen Rolle der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO). Während Mulroney den Palästinensern nicht ihre Führung vorschreiben will, wiederholte Bush seine Erwartung, daß sich „vernünftigere“ Alternativen zu Yassir Arafat finden werden. Er werde auch Mitterrand, mit dem er „mehr Gemeinsames als Differenzen habe“, über seine Meinung zu Arafats Verhalten befragen, sei aber sicher, daß auch er „enttäuscht“ sei.

Die Außenminister der USA und Syriens, James Baker und Faruk el- Schara, sind bei ihren Gesprächen in Damaskus grundsätzlich übereingekommen, daß eine Lösung der Probleme im Nahen Osten im Rahmen der Resolutionen der Vereinten Nationen herbeigeführt werden muß. Dennoch konnten bei den siebenstündigen Gesprächen von Baker mit der syrischen Staatsführung offenbar nicht alle Meinungsverschiedenheiten ausgeräumt werden. Während die Syrer eine internationale Nahost- Friedenskonferenz unter der Ägide der Vereinten Nationen vorschlagen, befürworten die USA unter den gegenwärtigen Umständen bilaterale Verhandlungen. Washington und Damaskus stimmten über die Notwendigkeit einer Lösung des israelisch-arabischen Konfliktes auf der Basis der UN-Resolutionen 242 und 338 überein. Darin wird Israel zum Rückzug von den 1967 im Sechstagekrieg eroberten arabischen Gebieten und zu einer Beendigung der israelisch-arabischen Feindseligkeiten aufgefordert. In der Frage des Terrorismus habe es Differenzen gegeben, räumte Baker ein. Gemäß der amerikanischen Position soll Syrien den von US-Seite als „terroristisch“ eingeschätzten Gruppen keinen Schutz mehr gewährleisten. Es gäbe keine Differenzen über den gemeinsamen Wunsch, den Terrorismus zu bekämpfen, sondern „über die Definition von Terrorismus“, betonte der syrische Außenminister Schara. Syrien unterscheidet zwischen nationalem Widerstand und Terrorismus und bezeichnet den Kampf gegen die israelische Besetzung der arabischen Gebiete nicht als Terrorismus.

Der US-Außenminister erörterte mit der syrischen Führung nach eigenen Aussagen auch die jüngsten Raketenlieferungen Nordkoreas an Syrien. „Wir befinden uns immer noch im Kriegszustand mit Israel“, sagte dazu Schara. Israel verfüge über weitaus mehr Waffen als Syrien. Der israelische Ministerpräsident Jizchak Schamir hatte noch am Mittwoch im Fernsehen erklärt, Syrien gehöre nicht zu den gemäßigten Ländern. „Es ist für Israel ein gefährliches Land“, sagte Schamir. Er rief Saudi-Arabien indirekt dazu auf, seine finanzielle Unterstützung für Syrien und die Palästinensische Befreiungsorganisation einzustellen. Zuvor hatte Schamir von „ermutigenden Zeichen“ für einen möglichen Dialog Israels mit Saudi-Arabien gesprochen. Baker habe ihm keinen besonderen Friedensplan vorgelegt, fuhr der israelische Ministerpräsident fort. Er habe auch nichts von einer Formel „Frieden gegen Land“ erwähnt.

Israel wird direkt mit seinen Nachbarn über Friedenslösungen sprechen müssen, stellte Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher am Donnerstag nach einem dreistündigen Meinungsaustausch mit seinem israelischen Amtskollegen David Levy fest. Die seit Jahren von der UNO und von der EG geforderte internationale Nahostkonferenz könne nur nach vorausgegangenen direkten, bilateralen „Klärungen und Lösungen“ erfolgreich sein, teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes mit. Noch kürzlich hatte Außenminister Genscher betont, er halte an einer internationalen Nahost-Konferenz fest.