: Blaue Flecken vom Schlepp-Top
■ „Notebooks" ersetzen schwere Labtops / Minicomputer-Markt boomt
Aktenkoffer sind „out“; der Griff geht heute zum Datenkoffer, zum „Laptop“. Viele Handlungsreisende oder Techniker wollen auf Computer-Power am Einsatzort oder die Reise-Datenmaschine bei der Bahnfahrt nicht mehr verzichten. Auf der Hannover-Messe CeBIT '91 (13. bis 20. März) zeigen deshalb viele Firmen von Compaq bis Siemens- Nixdorf mobile „Kraftprotze“. Die Branche erwartet „explodierende“ Zuwachsraten vor allem bei den „Kleinen“, den Notebooks. Sie sollen in die Büroetagen der Unternehmen einziehen.
„Auch die Assistentin hat ihren Laptop, nicht nur der Manager selbst“, meint Toshiba-Sprecher Franz-Peter Spaunhorst. Der Laptop-Marktführer aus Japan setzt auf „mobile Bürokommunikation“. Angeblich mögen viele Menschen die kleinen Bildschirme. Vielleicht mögen sie aber mehr die Firmengeheimnisse, die sich leicht nach Hause tragen lassen.
Wer als Taucher auf Fisch-Daten aus ist oder als Ballonfahrer in der Arktis Sorge hat abzustürzen, könnte zum Paravant greifen. Er arbeitet zwischen plus 66 und minus 33 Grad Celsius und kostet bei Altec in Hannover rund 15 000 Mark. Die Allwetter- Tasten sind jedoch etwas „schwammig“ für Feinfühlige.
Die meisten „Schößlinge“, wie die Laptops auf deutsch heißen müßten, kosten zwischen 4 000 und 8 000 Mark, aber die Preise fallen. Ein Problem: Mit Akku wiegt der „Mobilcompi“ zwischen vier und sieben Kilogramm — zuviel für den Einsatz auf den Oberschenkeln. Manche knallen wegen ihrer Unwucht ins Kniegelenk oder hauen die Schenkel blau, stellte die Journalistin Barbara Scymanski nach Tests fest. Ein Crash-Test aus Schreibtischhöhe läßt durchaus etwa kaputt gehen. Scharfe Kanten und Klappen killen Fingernägel.
Notebooks sind der neue Hit. Sie übertreffen die „Schleppis“ in Ergonomie und Technik. Etwa fünf Zentimeter hoch, knapp drei Kilogramm leicht und DIN-A4-Format klein ist der neue Acer aus Taiwan. Mit 40 Megabyte kostet das „Notizbuch“ rund 8 000 Mark. Ein Geschenk für die Sekretärin? Sie könnte darauf bei Konferenzen gleich die Protokolle schreiben, schlägt Wilfried Thom vor, verantwortlich für das Hardware-Marketing bei Acer.
„Die Notebooks sind der große Durchbruch am Markt“, meint Epson-Sprecher Peter Ohrt. Außendienst und Innendienst ließen sich über den Tisch-PC mit „Notebook-Seele“ elektronisch bruchlos verknüpfen. Ohrt ist überzeugt: Konzerne, wie etwa Versicherungen, ordern demnächst wegen der Netzfähigkeit massenweise Notebooks.
Auf etwa 70 000 Laptops schätzt Ohrt den Umsatz aller Anbieter in Deutschland 1990. Eine halbe Million werden es dagegen 1994 sein, glaubt er. Der Markt werde erst noch aufgeteilt. Auch Peter Bredeköft, zuständig für das Marketing bei Panasonic, denkt in derart großen Zahlen. Vor allem die Japaner werden das Geschäft machen. Toshiba will 1991 in Europa in jedem Monat rund 30 000 Tragecomputer verkaufen. 1992/93 haben die Mobilen am PC- Markt einen Anteil von 20 bis 30 Prozent, meint Thom von Acer.
IBM (USA) hat wohl den Mini-Trend verpaßt. Viele IBM-Manager genießen jedoch längst den Datenkomfort im Auto. Der Anschluß an das elektronische Konzernnetz ermöglicht den Versand elektronischer Post auch von unterwegs. Der Technik-Freak mit „Dynamik“ hat also nicht nur Telefon, sondern auch seinen Mini-Computer im Auto.
Jochen Sperber/dpa
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