: Sprinten nach Ball und Geld
■ Nationalkicker Andreas Möller bewegt in Franktfurt die Fußballgemüter
Frankfurt/Main (taz) — So schön und schnell wie Andy kann keiner mit dem Ball am Fuß antreten. So fix und flink wie Möller ist aber auch niemand hinter der „Kohle“ her. Zwei Jahre hat er sie in Dortmund gemacht, jetzt grast er mit Freund und Berater Klaus Gerster das Waldstadion ab. Er hinterm Schreibtisch der Eintracht und Deutschlands angeblich talentiertester Fußballer irgendwo zwischen Stein und Bein.
Seitdem hat das Vorläufige Frankfurter Fronttheater nichts mehr zu lachen. Die Realsatire läuft am Riederwald. Die Heimatliebe war‘s, ließ Andy Möller vor Jahresfrist verlauten, die den verlorenen Sohn zurück an den Main brachte. Den Fans kamen die Tränen und dem Präsidium auch, als der 23jährige vorrechnete, wie lieb und teuer ihm die Heimat ist. In Bankfurt öffnete der Geldadel der Eintracht die eigene Schatulle. Präsident und Devisenhändler Ohms sowie sein Kollege Steubing verschafften dem Jungstar sein geschätztes Jahresgehalt von 1,2 Millionen. Mit dem Frankfurter Bub als Motor strebte die Eintracht nach bayerischen Höhen.
Der Junge ist sein Geld wert. Seit den Tagen, als die Diva vom Main gegen den Abstieg kämpfte, hat sie nicht mehr solche Schlagzeilen produziert. Der für seine höflichen Umgangsformen bekannte Stein empfahl Möller für den Zirkus Roncalli. Da war der beleidigt und plauderte über die Kabinengesinnung seines Torwarts, der Anthony Yeboah mit einer angeblich rassistischen Äußerung zurück in die Wüste gewünscht hatte. Statt feiner Tritte gegen den Ball grobe Tritte ins Seelenleben der Mitspieler. In diese Kameraderie nach dem Herberger-Motto „Elf Freunde müßt ihr sein“ kamen der „schwarze Abt“ Gerster, Schatzmeister Knobel-Knispel und Ex-Weltmeister und Vizepräsident Hölzenbein, die mit Wissen des Börsianers Ohms die Aktie Andy handelten.
Weil eine Reise vom Ruhrpott ins Italienische für so ein zartes Gemüt viel zu anstrengend ist, haben Andy und Freund Bimbo (Gerster) in Frankfurt erst einmal eine kleine, lukrative Rast eingelegt. Es macht sich gut fürs Konto, die nach balljonglierenden Teutonen gierenden Italiener etwas zappeln zu lassen. Dann rücken sie schon mit ihren Lira-Säcken raus. Nach Turin soll es gehen. Eintracht kassiert 3,6 Millionen Ablöse, Möller tröstet den Abschiedsschmerz der Frankfurter mit einer Zugabe von fünf Millionen und Freund Bimbo wird wahrscheinlich Automobilverkäufer am Po, beim Boß von „Jugend“ Turin. Herr Agnelli betreibt dort einen schwunghaften Karossenhandel.
Alles bestens, wenn sich nur nicht die Fans am Main reichlich „verkohlt" vorkommen würden. Aber auch sie tröstet der brave Bub. Drei Tore schoß er jüngst in einem Spiel. Da trieb es selbst den Stein aus dem Tor, die Fangarme ausgestreckt und den Andy an die Brust gedrückt. Ihren Prinzipen sind die beiden aber treu geblieben: Worte haben sie nicht gewechselt. Motto: Seid fair, prinzipientreu und macht euch die Taschen voll. So schön kann Fußball sein. Peter Quiesel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen