: Ärztestreik in Nicaragua beendet
Lohnerhöhungen um 400 Prozent/ Gewerkschaften verpflichten sich zum Stillhalten ■ Aus Managua Ralf Leonhard
Nach zwei Monaten zunehmender Radikalisierung wurde am Montag ein Medizinerstreik in Nicaragua durch ein Abkommen zwischen Regierung und Gewerkschaften beendet. Mehrere Spitäler waren zu diesem Zeitpunkt gänzlich gesperrt, eine Gruppe von Medizinern schwebte in einem unbefristeten Hungerstreik bereits in Lebensgefahr.
Dem Gesundheitspersonal wurden höhere Lohnanpassungen zugesagt als den restlichen Staatsangestellten. Die jetzt erzielte durchschnittliche Lohnerhöhung um 351 Prozent für die Lehrer und um 403 Prozent für die Mediziner blieb jedoch hinter den Mindestforderungen der Gewerkschaften von 425 Prozent zurück. Gleichzeitig verpflichteten sich die Gewerkschaften, der Regierung bis 22. Mai eine Schonfrist zur Preisstabilisierung einzuräumen. Finanzminister Emilio Pereira feierte das Abkommen als großen Erfolg, da sich nun auch der sandinistische Arbeiterdachverband „Frente Nacional de los Trabajadores“ (FNT) hinter den Wirtschaftsstabilisierungsplan der Regierung gestellt habe. FNT- Chef Lucio Jimenez mußte sich jedoch nach der Unterzeichnung des Abkommens von Teilen der Gewerkschaftsbasis Verrat an der Sache der Arbeiter vorwerfen lassen. Doch wahrscheinlich haben die Verhandlungsführer aus einer relativ schwachen Position das Beste herausgeholt. Die Sandinistische Partei, vertreten von Daniel Ortega, hatte nur vermittelt, statt sich, wie seinerzeit bei den Juli-Streiks, hinter die Gewerkschaften zu stellen. Wieviel das Dokument wert ist, muß sich erst zeigen, denn ein Ausstand der Bankangestellten weitete sich inzwischen auf das ganze Land aus.
Erste Verhandlungen waren von der Regierung verschleppt worden, weil sie hoffte, im Rahmen der Währungsreform vom 3. März alle Probleme auf einmal zu lösen. Damals wurde der Gold-Cordoba um 500 Prozent abgewertet, während die kontrollierbaren Preise nur mit dem Faktor 3 oder 4 multipliziert und die Gehälter zwischen 200 und 300 Prozent angehoben wurden.
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