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Kurden im Nordirak behaupten sich

■ Luftangriffe auf Aufständische fordern zahlreiche Tote/ USA werten Einsätze als Verletzung der Feuerpause

Washington/Diyarbakir (afp/wps/ taz) — Die Kämpfe zwischen Aufständischen und Regierungstruppen im Irak gehen mit unverminderter Härte weiter. Während die kurdischen Aufständischen im Nordirak weiterhin militärische Erfolge melden, konnten die irakischen Regierungstruppen, US-amerikanischen Informationen zufolge, im Süden ihre Position behaupten.

Die gestrigen Meldungen über die Einnahme der nordöstlichen irakische Ölstadt Kirkuk durch Verbände der irakischen Kurden wurden durch die „Gesellschaft für bedrohte Völker“ bestätigt, die seit langem über gute Kontakte zu kurdischen Informationsquellen verfügt. Der Rebellensender „Stimme des rebellierenden Irak“ meldete am Dienstag die „völlige“ Einnahme der nordirakischen Stadt Jalula durch die Aufständischen.

Nach Meldungen türkischer Rundfunksender haben kurdische Verbände das Grenzgebiet von Irakisch-Kurdistan zur Türkei weitgehend unter ihre Kontrolle gebracht. Die Stadt Erbil sei vorübergehend zur irakisch-kurdischen Hauptstadt erklärt worden. Türkische Soldaten erzählten, daß einzelne Grenzstationen, die von irakischen Soldaten bewacht wurden, jetzt von den kurdisch-irakischen „Peschmerga“ kontrolliert würden. Bewohner von Dörfern im Grenzgebiet auf der türkischen Seite berichteten, irakische Soldaten seien auf der Flucht vor den Peschmerga bis an die Grenze gekommen. Sie seien jedoch nicht hinübergelassen worden. Die Peschmerga hätten sie wohl gefangengenommen. An der Grenze seien Tag und Nacht Detonationen zu hören, Lichtblitze seien zu sehen gewesen, vermutlich aus der Gegend der Stadt Dihoq.

In Mossul wird angeblich noch gekämpft. Nach Informationen der „Gesellschaft für bedrohte Völker“ (GfbV) sollen die Republikanischen Garden bei ihrem Abzug aus der Stadt 20.000 kurdische Zivilisten als lebende Schutzschilde mitgenommen haben. Die übrige Bevölkerung der Stadt, zwischen 150.000 und 200.000 Menschen, sei aufgefordert worden, die Stadt zu verlassen, so der Sprecher der „irakisch-kurdischen Front“, Hoshyar Zebari. Die GfbV teilte weitherhin mit, daß Wohngebiete der kurdischen Städte Chamchamal, Kanaqin, Kallar, Dohuk und Jalawla von Hubschraubern aus beschossen worden seien. Es habe zahlreiche Tote unter der Zivilbevölkerung gegeben. Auch der Sprecher der „irakisch-kurdischen Front“, Zebari, bestätigte, daß trotz US-amerikanischer Warnungen weiterhin Hubschrauber und Flugzeugeinsätze geflogen würden, um zivile Ziele in den kurdischen Städten des Nordirak zu bombardieren. Nach seinen Angaben errichtet die irakische Armee zur Zeit nördlich von Bagdad, zwischen Galwalla und Mansouriyeh al Jablal, eine Verteidigungslinie. Nach Angaben kurdischer Sender sollen irakische Soldaten in der Mansouriyeh-Region der Provinz Diyala Abschußrampen für Boden-Boden-Raketen aufgestellt haben, die unter anderem gegen die Städte Suleimanyia und Chamchamal gerichtet seien.

Die Einsätze irakischer Militärhubschrauber gegen die Aufständischen werden nach Angaben des US- Verteidigungsministeriums ab sofort als „Bedrohung der Streitkräfte der Koalition“ betrachtet. Pentagon- Sprecher Pete Williams sagte am Dienstag in Washington, überdies seien irakische Flugzeuge über dem irakischen Territorium ausgemacht worden. Die vorläufige Waffenstillstandsvereinbarung zwischen dem Irak und den Alliierten sieht die totale Kontrolle des irakischen Luftraums durch die Koalitionstruppen vor. Militärische Flüge sind dem Irak darin strikt verboten. Williams fügte hinzu, die Entscheidung, daß auch Hubschrauberflüge als Bedrohung der multinationalen Streitkräfte ausgelegt würden, sei dem Irak am Sonntag übermittelt worden. Über Handlungsanweisungen an die US- Militärs für den Fall irakischer Kampfhubschraubereinsätze weigerte er sich, Auskunft zu geben.

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