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Imprägniermittel von der Decke

■ Familie muß ihre Wohnung verlassen, weil Holzschutzmittel von der Decke tropft/ Vater bekam »Drücken im Bauch«, Kinder husten, doch Amtsarzt will nicht untersuchen

Kreuzberg. Die Bauarbeiter waren ein wenig zu eifrig. Damit der Dachstuhl in der Grimmstraße 19 wirklich auf Jahre imprägniert ist, versprühten sie Holzschutzmittel in derartigen Mengen, daß es bei Familie Schillen-Kanbay in der Wohnung darunter von der Decke tropfte. Vater Rudolf erzählt, daß er einen Tag nach dem Heruntergetropfe »einen Druck im Bauch« bekommen und seine Leber verrücktgespielt habe. Auch sein Zahnfleisch habe sich entzündet. Obwohl er deshalb zusammen mit seinen beiden Töchtern letzte Woche aus seiner Wohnung auszog, sei seine dreijährige noch immer schlapp. Zusammen mit der sechsjährigen Schwester habe sie Husten bekommen. Schillen-Kanbay wollte sich im Gesundheitsamt Kreuzberg untersuchen lassen, doch der Amtsarzt habe sich geweigert. Das Bauamt habe bis heute nicht untersucht, wie giftig die Tropfen von der Decke seien.

Das Bauamt wollte der taz zu dem Vorfall keine Auskunft geben und verwies auf den Gesundheitsstadtrat. Doch der ist in Urlaub und sein Vertreter war gestern ebenfalls nicht zu erreichen. Auch am Telefon der Baustadträtin nahm niemand den Hörer von der Gabel. Die Herstellerfirma eines der beiden Imprägniermittel, die in der Grimmstraße von der Decke tropften, erklärte, daß ihr Desinfektionsmittel »Basilit B flüssig« nur äußerst umweltverträgliche Borsalze enthalte — früher habe man mit Borwasser Augen ausgespült. Auch wenn das Etikett darauf hinweise, daß bei Arbeiten mit Basilit weder gegessen, noch geraucht werden sollte, wollte sich Achim Stoelzel von der Desowag in Düsseldorf, einen Zusammenhang mit Zahnfleischentzündungen oder Hustenreiz nicht vorstellen. Allergische Reaktionen seien allerdings nicht auszuschließen. diak

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