„Verrat“ verhindert Hafenstraßen-Razzia

Hamburg (taz) — Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate ist eine Razzia in der Hamburger Hafenstraße wegen polizeilicher Indiskretion vorher aufgeflogen. Wie ein Polizeisprecher nach anfänglichen Dementis bestätigte, habe das Landeskriminalamt am gestrigen Morgen geplant, die umstrittene Häuserzeile am Hafenrand aufzusuchen. Es sollte eine ungenannte Zahl von Haftbefehlen vollstreckt werden. Wegen des „Verrats“ sei die Aktion jedoch wirkungslos geworden.

Denn bereits in der Nacht zuvor hatte der „Initiativkreis für den Erhalt der Hafenstraße“ Wind vom geplanten polizeilichen Sturm bekommen, der nach den Informationen um sieben Uhr früh beginnen sollte. Dafür war ein Großaufgebot an Uniformierten bereitgestellt worden. Über eine Presseerklärung informierte der „Inikreis“ dann die Agenturen und Rundfunksender über den anvisierten Coup.

In dieser Erklärung warf der Inikreis den Staatsschutzorganen konkret vor, eine Sonderkommission aus Bundes- und Landeskriminalamt solle im Schutze von Uniformierten und unter dem Vorwand der Vollstreckung von Haftbefehlen wegen angeblicher Autoaufbrüche die gesamte Häuserzeile filzen. Durch sogenannte „Zufallsfunde“ solle dann anschließend dem Konstrukt der „Roten Armee Fraktion in der Hafenstraße“ neue Nahrung verschafft werden. Zum geplanten Zeitpunkt fand die Polizei infolge der Indiskretion ein Heer von JournalistInnen und hundert SympathisantInnen vor. Zunächst wurde die Aktion nur um zwei Stunden verschoben, als sich die Zahl der Augenzeugen nicht abbaute, wurde die Razzia ganz abgeblasen. Jetzt will die Polizei die Haftbefehle „demnächst“ vollstrecken.

Gegenüber der taz bestritt ein Polizeisprecher allerdings vehement eine Beteiligung des Bundeskriminalamtes: „Das war eine ganz normale Hamburger Polizeiaktion, nichts mit Paragraph 129a oder RAF.“ Diese Version wird allerdings von den BewohnerInnen bezweifelt, weil gerade in den letzten Tagen Hamburgs Innensenator Werner Hackmann wieder den Vorwurf, die RAF sitze in der Häuserzeile, erneuert hat.

Der gestrige war nicht der erste Polizeiflop. Bereits im Dezember letzten Jahres waren die BewohnerInnen nachts zuvor von einem Polizeieinsatz informiert worden. Damals sollte die gesamte Hafenstraße unsanft geweckt werden. Als die BewohnerInnen sich nachts in eine Kirche flüchteten und die Medien informierten, wurde das Vorhaben aufgegeben — die aus Nordrhein-Westfalen heranbeorderte Bereitschaftspolizei konnte noch auf der Autobahn vor Bremen wieder umkehren. Peter Müller