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Mißtrauen gegen Südafrikas Polizei wächst

Zwei Vorfälle der letzten Tage in südafrikanischen Townships, bei denen insgesamt 27 Menschen getötet wurden, haben die Fronten zwischen dem ANC und den weißen Sicherheitsbehörden verhärtet/ „Eine lange Geschichte von Gewalttaten“  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Die Beziehungen zwischen dem Afrikanischen Nationalkongreß (ANC) und der südafrikanischen Polizei haben sich drastisch verschlechtert, nachdem gestern in den frühen Morgenstunden 15 Mitglieder einer Trauergemeinde im Township Alexandra bei Johannesburg von unbekannten Schützen ermordet wurden. Etwa 50 Anhänger der ANC-nahen Schülerorganisation COSAS hatten sich zu einer Nachtwache für einen COSAS-Schüler versammelt, der letzte Woche in Kämpfen mit der Zulu-Partei Inkatha umgekommen war. Gegen 4 Uhr in der Früh wurden das Haus und ein daneben errichtetes Zelt von Zulu sprechenden Männern umzingelt. Die Angreifer, die nach Augenzeugenberichten teilweise Kampfanzüge und Helme trugen, eröffneten mit automatischen Waffen das Feuer und gingen dann mit Macheten und Messern auf ihre Opfer los. Zusätzlich zu den 15 Toten wurden 18 Menschen verletzt, darunter acht Frauen, ein sieben Monate altes Baby und ein achtjähriges Kind.

„Die Polizei kann sich aus der Verantwortung für dieses Massaker nicht herausreden“, sagte gestern Popo Molefe, ANC-Führer in Alexandra. „Die Polizei hat den Auftrag, das Gebiet zu patrouillieren. Wie können sie eine Gruppe von 200 Männern, die nachts durch die Straßen laufen, nicht sehen?“ Alexandra ist nach den Kämpfen der letzten Wochen zum Unruhegebiet erklärt worden, es gilt eine nächtliche Ausgangssperre. Die Polizei, so Molefe, habe diesen Angriff bewußt zugelassen. „Dies ist organisierte Gewalt. Die Sicherheitskräfte haben eine lange Geschichte der Verwicklung in solche Gewalttaten“, sagte er.

„Die Polizei konnte nichts sehen“

Die Polizei gibt zu, von der Trauergemeinde gegen Mitternacht zu Hilfe gerufen worden zu sein, nachdem angeblich eine Gruppe von 200 bewaffneten Männern vor dem Haus aufgetaucht war. „Die Polizei reagierte sofort, konnte aber keine derartige Gruppe sehen“, hieß es in ihrer Erklärung. Daraufhin habe man Patrouillen in dem Gebiet verschärft. Der Angriff habe zehn Minuten nach der letzten Patrouille in der Straße stattgefunden. Der Polizei zufolge war das Motiv für den Angriff kein politisches. Die Polizei werde alles tun, um die Täter zu finden, hieß es.

Mehr als 50 Menschen sind in den letzten zwei Wochen in Alexandra bei Kämpfen zwischen ANC- und Inkatha-Anhängern ums Leben gekommen — trotz wiederholter Appelle und Friedensgespräche zwischen den beiden Organisationen. Erst am Sonntag hatte die Polizei im Township Daveyton östlich von Johannesburg aus noch ungeklärten Gründen das Feuer auf eine Gruppe von ANC-Unterstützern eröffnet, die sich nach Inkatha-Angriffen auf der Straße versammelt hatte. Dabei waren zwölf Menschen getötet worden, unter ihnen auch ein Polizist, der zu Tode geschlagen wurde. Nach diesem Zwischenfall hatte der ANC der Polizei vorgeworfen, ohne Provokation das Feuer eröffnet zu haben, und eine unabhängige Untersuchungskommission gefordert. Die Polizei erklärte, daß es sich um eine illegale Versammlung gehandelt habe. Die Menge habe den getöteten Polizisten angegriffen. Daraufhin sei geschossen worden.

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