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Daum sah den Daumen

■ Stuttgarts neuer Trainer kassiert eine schmerzhafte 0:1-Pokalniederlage bei seinem alten Kölner Verein

Köln (taz) — Noch zwei Tage später trieb es ihm die Tränen in die müden Augen. Tränen der Wut und des Ärgers über eine verpaßte Revanche. Der neue Trainer des VfB Stuttgart ist der alte Coach des 1.FC Köln. Bei ihm mußte er zum Pokalviertelfinale antreten und die vielleicht letzte Europacup- Chance der Schwaben verteidigen. 110 Minuten lang konnte Daum hoffen, in seiner alten, vertrauten Umgebung erfolgreich zu sein, dann nickte gerade Maurice Banach das Leder in die Stuttgarter Maschen. Den oft kritisierten Stürmer hatte der VfB-Trainer einst persönlich nach Köln gelotst.

„Die Niederlage ist natürlich ungerecht, aber im Fußball entscheiden nun einmal die Tore — und das hat heute Köln erzielt“, analysierte der zutiefst enttäuschte Christoph Daum nach dem Verlängerungsspiel messerscharf. Zur sportlichen Niederlage kam die Schmach der Kölner Fans, die ihren ehemaligen Liebling unfreundlich mit „Schmierwurst“-Rufen im Stadion empfingen. Dennoch war es gerade Daum, der nach dem Match die aufgepeitschte Stimmung wieder in normale Bahnen zurückführte. Er wünschte den Kölnern „von ganzem Herzen, daß sie den DFB-Pokal holen“.

Auch der Obergeißbock Pierre Littbarski hoffte, daß vom heftig umkämpften Spiel die Freundschaft zwischen ihm und Daum unbetroffen bliebe. Sein Einsatz war bis zuletzt ein großes Geheimnis. Bis zum Einlaufen der Mannschaften wurde nichts vom viel bejubelten Comeback des „Weltmeisters“ Littbarski verraten. Nach sieben Monaten Verletzungspause wurde „Litti“ den Fans als Osterüberraschung präsentiert. „Mit dieser Aktion wollten wir das Publikum für uns gewinnen“, begründete der Exnationalspieler den Crash-Test für sein Knie. Seinen Einsatz rechtfertigte er mit der Flanke zum entscheidenden Tor. Einen Freistoß von der linken Seite schnippelte Littbarski genau auf den Kopf des ungedeckten Banach. „Unser Traum von der Finalteilnahme in Berlin kann nun wahr werden“, freute er sich danach.

Außer sich vor Freude war auch Kölns Libero Falko Götz — obwohl er gar keinen Grund dazu hatte. In der 52. Minute zog er die Notbremse gegen Stuttgarts Hartmann und anschließend der Schiedsrichter die rote Karte gegen ihn. Aber mit dem Abgang von Falko Götz kam der unbedingte Siegeswille zu den Kölnern auf den Rasen. Manager Udo Lattek erklärte es seinen Spielern vor der Verlängerung: „Mit zehn Spielern ist es leichter zu gewinnen. Bayern München hat das schon einmal hier in Köln geschafft.“ Die Buben hörten es — und gewannen. bossi

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