piwik no script img

Ryszard Krynicki: Postume Reise (I)

Sie kämmt vor dem ergrauten Spiegel

das lichte, das endlose Haar,

als liefe sie schlaflos durch ihren —

fremden, im Traum zum Brandopfer gewordenen Körper,

verirrt

im weißen Schneegestöber der Haut, die sie umgibt,

gefangenhält und befreit.

Der Spiegel, Abglanz des Nichts, das vor Entsetzen graue

Licht der erloschenen Sterne,

blickt mit ihren fremden Augen,

und der Augenblick vergeht nicht, blind und hellsichtig,

wenn er nur da ist; aus der saugenden Leere

taucht auf, wächst

die präzis geschliffene Oberfläche

des Glases

oder Metalls,

und sie, in der Trennung doppelt tot,

eilig, als fürchtete sie, die letzte Straßenbahn

zu versäumen,

kämmt ihr Haar.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen