: Bremer Erfahrungen mit der Treuhand „nicht schlecht“
■ Bremer Unternehmen machen für ihre Probleme bei Investitionen in der ex-DDR nicht die Treuhand verantwortlich
Der Mord an dem Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder hat die anhaltende Kritik an der Treuhand-Anstalt als Hintergrund — hier wurden medienwirksam 'Schuldige‘ gesucht. Die Ermordung des Repräsentanten dieser Anstalt ist eine propagandistische Tat: Sie ändert nichts an der Treuhand-Politik, sie wirkt als Meldung und unabhängig davon, ob der Ermordete tatsächlich verantwortlich ist für das, was ihm zugeschrieben wird.
Die Erfahrungen von bremischen Unternehmen, die mit der Treuhand zu tun hatten, bestätigen die gängigen Muster der Kritik an der Treuhand nicht. Die Handelskammer hat verschiedene Betriebe, die Kooperationen eingehen wollten, an die jeweils zuständige Abteilung der Treuhand verwiesen — und keine negative Rückmeldung erhalten.
Die Bremer Stadtwerke haben mit den Rostocker Energie-Betrieb beraten. „Wir waren als Bremer Stadtwerke nicht glücklich über die Geschwindigkeit und die Formen der Entscheidung“, sagt Pressesprecher Berndt, aber dafür ist nicht die Treuhand-Anstalt verantwortlich zu machen. Nach dem Einigungsvertrag soll den Kommunen der ex-DDR keine Zuständigkeit über die früher zentralistische Stromversorgung zukommen — „da ist die Treuhand nur Vollstrecker einer politischen Vorentscheidung“.
Die Bremer Beck's-Brauerei hat mit der Treuhand die Übernahme der Rostocker Brauerei GmbH vereinbart. „Die Probleme rundherum sind auch für die Treuhand nicht einfach“, signalisiert Firmensprecher Schwerdtfeger fast Mitleid für die Lage des Verhandlungspartners.
Der Bremer Fachbuchhändler Orthey würde die Rostocker Universitätsbuchhandlung übernehmen und die notwendigen Investitionen aufbringen. Derzeit verzögert sich die Entscheidung. „Unschöne Dinge unter der Gürtellinie“, sagt Orthey, seien passiert. Die Beschäftigten bei der Rostocker Geschäft sind verunsichert. Die Buchhandlung war vor 1949 von der sowjetischen Militäradministration enteignet worden. Potentielle Erben berufen sich auf die Klage, die vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht wurde; dabei ging es zwar wesentlich um die Bodenreform und den früheren Landbesitz, die Rostocker Universitätsbuchhandlung ist aber mitbetroffen. So hat die Treuhand die Verhandlung mit dem Bremer zurückgestellt, bis das Urteil da ist. Derzeit hat Orthey nur Ärger durch sein Rostock-Engagement, aber nicht wegen der Treuhand: „Meine Erfahrungen mit der Treuhand sind nicht schlecht.“
In der Öffentlichkeit wurde der Überbringer der schlechten Nachricht zum Buhmann, und einige der Politiker, die jetzt ihre Betroffenheit über den Mord verbreitet wissen wollen, haben um medienmäßiger Vorteile willen an dem schlichten Klischee mitgestrickt. K.W.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen