: In den Klauen der Neonazis
■ Tatort (aus der Schwyz), ARD, So. 20.15 Uhr
Tatort Schweiz: Ein völkisches Aufräumkommando von drei Rechtsradikalen überfallt zwei Schwarze mit ihrer weißen Freundin (Ursula Andermatt) und erschießt einen der beiden Männer. Inspektor Carlucci (Andrea Zogg), übernehmen Sie! Doch während die Berner Kripo noch im Nebel stochert und rassistische Sprüche klopft, macht sich die Braut schon mal selbst auf die Pirsch. Dieselbe Frau, die noch kurz zuvor in suizidaler Trance und langen Gewändern, mit engelsgleichem Haar, den weißen Kakadu auf der weißen Schulter, schluchzend durch ihre Wohnung gewandelt war. Doch die Wandlung vom paralysierten Depri-Mäuschen zur unerschrockenen Superdetektivin geht in Sekunden. Und schon fotografiert die gewitzte Dame die drei Täter bei einem Treffen im Hinterhof. Das mögen die aber gar nicht, und deshalb wird die „Negerhure“ erst mal anständig gefoltert und einer Gehirnwäsche unterzogen. Auch ihr Kakadu landet geköpft im Briefkasten. Wir lernen: Rechtsradikale sind perverse Monster und brutale Folterknechte. Außerdem hinken sie wie Goebbels und betätigen sich gerne als Hausmeister. Wie der Herr Effinger, der Drahtzieher und Gruppenleiter dieser braunen Combo.
Unsere Detektivin und Heulboje Andermatt ist inzwischen den Fängen der bösen Jungs aber wieder entkommen und wird schließlich im Schwebezustand auf einer Gänseblümchenwiese im weißen Unterrock und wehendem Haar gesichtet. Ein vorzeitiger Höhepunkt der Sendung. Jetzt hilft nur noch das Brotmesser, sagt sich das Mädchen, und will dem Hausmeister an seine Fascho-Gurgel. Aber da fällt ihr Inspektor Carlucci in den Arm. Er schleicht sich als ehemaliger Legionär in die rechte Truppe ein. Dann naht das Ende: Under-Cover-Carlucci fliegt auf, es wird viel geschossen und schlecht gestorben. Nur Herrn Effinger bleibt es nicht vergönnt, für seine gute Sache ins Gras zu sinken. Sie haben schon gemerkt: Der Film hat uns nicht gefallen. Er war sogar sensationell schlecht. Daß er gut gemeint war, macht alles noch viel schlimmer. Am schlimmsten war Frau Andermatt als Folteropfer, Aktmodell, Anti-Apartheid-Kämpferin, Bullen-Hasserin, trauernde Hinterbliebene, Emma Peel, Emanze, Fee, Engel und anderes mehr. Nichts gegen schlechte Schauspieler, aber warum muß man sich gleich derart übernehmen? Schwere Vorwürfe sind indes zu richten an die Kantonspolizei Solothurn, die, wie im Abspann ersichtlich, durch Zur- Verfügung-Stellung von Uniformen und anderen polizeilichen Gerätschaften fahrlässig mitgeholfen hat. Ein Minimum an Geschmack sollte man, wenn schon nicht vom Regisseur, dann wenigstens von staatlichen Beamten erwarten können. Denn dieser Film war — mit Verlaub — dümmer als die Polizei erlaubt. Manfred Kriener
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen