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Standbild: Vier Kuhaugen in Texas

■ "Müller und Miller", ARD, Dienstag, 18.35 Uhr

Als sie von der lebensgefährlichen Verwundung ihres neuen, amerikanischen Ehemannes hört, starrt Kim Müller, alias Désirée Nosbusch-Becker, kuhäugig in die Kamera. Spastische Zuckungen sollen ausdrücken, was ihre Mimik uns vorenthält: Das sie ihren Mann, einen US-Drogenfahnder, liebt und seine Verwundung irgendwie nicht gut findet. Ihre US-Kollegin Suzanne Savoy (langweilig, aber neben Nosbusch wirkt auch ein Eichhörnchen wie ein Charakterdarsteller) zeigt ähnlich weidegewohnte Augen. Frau Nosbusch-Becker hat das gewisse Nichts, strahlt eine für ihren Kopf wohl tröstliche Leere aus, schauspielerisch ähnlich versiert wie Charles Bronson, der bekanntlich immer sich selbst spielt.

Der schauspielerische Höhepunkt eines neuen Vorabendprogrammkrimis der ARD ist erreicht. Der Zuschauer kann wieder zu den Privaten zappen. Denn was bei der NDR- Schmonzette Müller & Miller geboten wird, stammt direkt aus dem Papierkorb von Miami Vice. Die restlichen Folgen werden es schwerhaben, den hier gesetzten Stupiditätsstandard zu überbieten.

Viel Geld wurde verschwendet, damit ein zum Teil deutsches Team mit amerikanischen B-Serien-Leuten in Texas einen verblödeten Drogenkrimi runterschrubben konnte. Das Drehbuch mit den schlechtesten Dialogen der Saison stammt von Barbara Gotthard, und die Regie führte Herr Görlitz. Einfallslos beschränkt sie sich auf Standardeinstellungen aus US-Serien der sechziger Jahre. Nach dem debilen Percy-Stuart-Aufguß Jolly Joker hat der NDR jetzt mit Müller & Miller eine weitere Neutronenbombe im ewigen Krieg gegen funktionstüchtige Gehirnzellen gezündet.

Es ist doch klar, wie und warum diese Serie entstanden ist: Ein paar Leute wollten einfach mal eine nette Zeit in Texas verbringen — natürlich auf Kosten der Gebühren unschuldiger FernsehzuschauerInnen und mit einem Spesenkonto aus dem die Engländer mehrere Folgen von Mit Schirm, Charme und Melone gebastelt hätten. Aber eine Frage muß natürlich gestellt werden: Wäre es nicht besser, künftig solcheN Talenten das Geld einfach zu schenken? Martin Compart

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