: Mit Platzkarte gen Westen
■ Aufklärung in den polnischen Medien und schärfere Zollkontrollen an der Grenze/ Perspektive Berlin und Bündnis 90/Grüne kritisieren Heckelmann
Berlin/Warschau. Es geht um mehr als ums Einkaufen. Für viele PolInnen ist der 8. April eine Art Feiertag: Schließlich stehen seit heute null Uhr nicht nur die Grenzen zur Bundesrepublik offen, auch der Weg in die übrigen Schengen-Staaten — Frankreich, Italien und die Beneluxländer — ist für PolInnen jetzt ohne Visum passierbar geworden. Bereits gestern waren in Warschau alle Platzkarten für die acht Montagszüge nach Berlin ausverkauft. Nur wer eine Platzkarte hat, darf fahren. Auf diese Weise wollen die polnischen Behörden überfüllte Züge verhindern und gleichzeitig zügige Kontrollen gewähren.
Die polnischen Medien haben in den letzten Wochen ununterbrochen über Zollvorschriften in den Schengen-Staaten informiert. Sowohl der polnische als auch der deutsche Zoll wurde an den Grenzübergängen personell verstärkt. Polnische Staatsbürger, die die Gesetze in einem Einreiseland verletzen, müssen mit einer Ausreisesperre von einem Jahr rechnen. Kritik an der bisherigen Politik von Innensenator Dieter Heckelmann (parteilos) hat die Fraktion Bündnis 90/Grüne geübt. Statt Weltoffenheit und Toleranz übe sich Heckelmann in Drohgebärden und kleinkarierter Panikmache. Die Verwaltungen seien nach Ansicht des Bündnisses vielmehr aufgefordert, den polnischen Toruisten und Einkaufspendlern Organisations- und Orientierungshilfen in polnischer Sprache zur Verfügung zu stellen. »Provinzielle Ängstlichkeit« hat auch die Bürgerinitiative Perspektive Berlin dem Innensenator vorgeworfen. Heckelmanns angekündigte Maßnahmen widersprächen der traditionellen Aufgeschlossenheit der meisten Berliner und ihrem Anspruch, Bürger einer deutschen Hauptstadt und europäischen Metropole sein zu wollen, erklärte Lea Rosh, Vorsitzende der Initiative.
Die Polizei vermeldete am Wochenende ein »Aufflackern« des Polenmarktes im Tiergarten. Gesichtet wurden 30 Fahrzeuge aus Polen und der CSFR. Beschlagnahmt wurden rund 500 Stangen Zigaretten und fünf Kilogramm Kaviar. anb/dpa
Siehe auch Seite 28
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen